Viele Lie­bes­be­zie­hun­gen ent­ste­hen am Arbeits­platz. Sie sind grund­sätz­lich Pri­vat­sa­che und in arbeits­recht­li­cher Hin­sicht meis­tens unpro­ble­ma­tisch. Anders prä­sen­tiert sich die Rechts­lage aber dann, wenn Abhän­gig­kei­ten und Inter­es­sen­kon­flikte bestehen.

Bezie­hungs­ver­bote zwi­schen Arbeit­neh­men­den am Arbeits­platz sind in der Schweiz nicht zuläs­sig und damit im Fall einer dies­be­züg­li­chen Wei­sung des Arbeit­ge­bers auch nicht ver­bind­lich. Arbeit­neh­mende haben dies­be­züg­lich in der Regel auch keine Mit­tei­lungs­pflicht. Dem Arbeit­ge­ber ist es unter­sagt, den Arbeit­neh­men­den ent­spre­chende Fra­gen zu stel­len. Tut er dies den­noch, darf sich der Arbeit­neh­mende auf das Not­wehr­recht der Lüge beru­fen und die Frage unwahr beant­wor­ten, ohne dass dies recht­li­che Nach­teile für ihn zur Folge haben darf.

Auf­klä­rung in heik­len Fällen
An einer Bezie­hung von Mit­ar­bei­ten­den, z. B. auf Sach­be­ar­bei­ten­den-Stufe, wird der Arbeit­ge­ber kei­nen Anstoß neh­men. Die Lage ver­än­dert sich aber dann, wenn Vor­ge­setzte mit direkt Unter­stell­ten oder Mit­ar­bei­ten­den auf hoher Kader­stufe mit­ein­an­der eine Lie­bes­be­zie­hung ein­ge­hen. Abhän­gig­kei­ten und Inter­es­sen­kon­flikte sind mög­lich, etwa wenn bei einem Ver­hält­nis zwi­schen dem Vor­ge­setz­ten der Geschäfts­lei­tung und sei­ner Stell­ver­tre­te­rin die ande­ren Geschäfts­lei­tungs­mit­glie­der aus Angst vor Repres­sa­lien ihre Mei­nung zu bestimm­ten The­men nicht mehr offen sagen und damit die Inter­es­sen des Unter­neh­mens gefähr­det wer­den, oder wenn bei einem Ver­hält­nis zwi­schen einer Vor­ge­setz­ten und einer ihr unter­stell­ten Per­son bei den übri­gen Mit­ar­bei­ten­den des Teams der Anschein von Gesund­heits­wirt­schaft entsteht.
Bei Bezie­hun­gen zwi­schen Vor­ge­setz­ten und direkt Unter­stell­ten: Wenn die Ver­mei­dung von Inter­es­sen­kol­li­sio­nen und die per­sön­li­che Unab­hän­gig­keit beson­ders wich­tig ist oder wenn hoch­ran­gige Kader­per­so­nen betrof­fen sind, besteht nicht nur ein Recht des Arbeit­ge­bers, nach­zu­fra­gen, son­dern sogar eine aktive Auf­klä­rungs­pflicht der betrof­fe­nen Arbeit­neh­men­den. Den Arbeit­neh­men ins­be­son­dere auf hoher Kader­stufe sei gera­ten, eine Lie­bes­be­zie­hung offen­zu­le­gen. Wird diese ver­schwie­gen und schließ­lich doch ent­deckt, führt dies zwangs­läu­fig zum Ver­trau­ens­ver­lust und folg­lich in vie­len Fäl­len zur Auf­lö­sung des Arbeits­ver­hält­nis­ses – und zwar nicht pri­mär wegen der Lie­bes­be­zie­hung, son­dern wegen des zer­stör­ten Vertrauens.

Kün­di­gung nicht zwingend. 
Das Bestehen einer Lie­bes­be­zie­hung auch auf Kader­stufe oder zwi­schen Vor­ge­setz­ter und unter­stell­ter Per­son muss nicht zwangs­läu­fig zum Ver­lust der Stelle füh­ren. Der Arbeit­ge­ber kann sich gege­be­nen­falls auch mit Wei­sun­gen hel­fen, indem er z. B. bestimmte Auf­ga­ben und Kom­pe­ten­zen ent­zieht, intern ver­setzt oder umor­ga­ni­siert. Gemäß der Gerichts­pra­xis ist die Ent­las­sung eines oder sogar bei­der Bezie­hungs­part­ner allein wegen der Bezie­hung – ohne Vor­lie­gen einer Ver­trags­ver­let­zung oder einer nahe­lie­gen­den Gefahr einer Ver­trags­ver­let­zung – miss­bräuch­lich. Ein bloß theo­re­ti­sches Risiko, dass Bezie­hungs­part­ner ihre arbeits­ver­trag­li­chen Pflich­ten ver­let­zen könn­ten, recht­fer­tigt eine Kün­di­gung nicht.
Eine Aus­nahme zu die­sem Grund­satz liegt aller­dings wie bei der Auf­klä­rungs­pflicht von Arbeit­neh­men­den dann vor, wenn die Betrof­fe­nen eine beson­dere Stel­lung oder Funk­tion inne­ha­ben, dies die wei­tere beruf­li­che Tätig­keit oder ord­nungs­ge­mäße Zusam­men­ar­beit in Frage stellt und keine mil­de­ren Maß­nah­men, z. B. eine Ver­set­zung, mög­lich sind.
Miss­bräuch­lich ist eine Kün­di­gung auch dann nicht, wenn sie nicht auf­grund einer Bezie­hung an sich erfolgt, son­dern auf­grund der effek­ti­ven Fol­gen der Bezie­hung (z. B. unge­recht­fer­tigte Vor­teils­ge­wäh­run­gen, Kom­pe­tenz­über­schrei­tun­gen etc.).

Pra­xis­tipps
Arbeit­neh­mende müs­sen Frauen nach dem Bestehen einer Lie­bes­be­zie­hung am Arbeits­platz grund­sätz­lich nicht beant­wor­ten. Lie­bes­be­zie­hun­gen zwi­schen vor­ge­setz­ter und unter­stell­ter Per­son und auf hoher Kader­stufe sind hin­ge­gen offen­zu­le­gen. Auch im Zwei­fels­fall kann eine Offen­le­gung rat­sam sein, um einem Ver­trau­ens­ver­lust im Falle des Bekannt­wer­dens der Lie­bes­be­zie­hung vor­zu­beu­gen. In vie­len Unter­neh­men exis­tie­ren Leit­fä­den oder Wei­sun­gen zum Umgang mit Lie­bes­be­zie­hun­gen am Arbeits­platz, die es zu beach­ten gilt (soweit sie zuläs­sig sind).

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