Arti­kel erschie­nen im ZHAW Impact (Dezem­ber 2022)

Viele Arbeits­ver­hält­nisse wer­den heut­zu­tage nicht mehr durch Kün­di­gun­gen, son­dern durch Auf­he­bungs­ver­ein­ba­run­gen auf­ge­löst, was viele Vor­teile mit sich bringt. Doch Vor­sicht vor Fallstricken!

 Motive für den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung
Der Abschluss einer Auf­hebungs­verein­barung bringt für Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer Vor­teile. Die Auf­hebungs­verein­barung schafft ins­be­son­dere Rechts­si­cher­heit. Die Par­teien wis­sen, woran sie sind, wäh­rend bei der Kün­di­gung Unwäg­bar­kei­ten bestehen blei­ben. So kön­nen mit dem Auf­he­bungs­ver­trag alle offe­nen Pen­den­zen abschlies­send gere­gelt wer­den (z.B. Frei­stel­lung, Abgangs­ent­schä­di­gung, Boni, interne und externe Kom­mu­ni­ka­tion, Abgel­tung bzw. Kom­pen­sa­tion von Mehr­stun­den und Ferien, Rück­gabe von Gegen­stän­den etc.). Da das Arbeits­ver­hält­nis nicht durch eine Kün­di­gung auf­ge­löst wird, ent­fal­len der zeit­li­che Kün­di­gungs­schutz (keine krank­heits­be­ding­ten Ver­län­ge­run­gen des Arbeits­ver­hält­nis­ses; Art. 336c OR) und die Mög­lich­keit der Anfech­tung der Kün­di­gung wegen Miss­bräuch­lich­keit, was im Inter­esse des Arbeit­ge­bers ist. Die­ser Ver­zicht des Arbeit­neh­mers auf den zeit­li­chen und sach­li­chen Kün­di­gungs­schutz wird meist mit einer Geld­leis­tung des Arbeit­ge­bers auf­ge­wo­gen. Im Inter­esse des Arbeit­neh­mers sind neben finan­zi­el­len Aspek­ten fixe For­mu­lie­run­gen des Arbeits­zeug­nis­ses und der inter­nen und exter­nen Kom­mu­ni­ka­tion sowie eine Klau­sel im Hin­blick auf eine mög­li­che Arbeits­lo­sig­keit (siehe Praxistipps).

Über­le­gungs­frist
Oft­mals kommt es vor, dass der Arbeit­ge­ber dem Arbeit­neh­mer eine Auf­hebungs­verein­barung vor­legt, deren umge­hende Unter­zeich­nung ein­for­dert und die Kün­di­gung für den Unter­las­sungs­fall androht. Das ist nicht zuläs­sig und führt gemäss bun­des­ge­richt­li­cher Recht­spre­chung sogar zur Nich­tig­keit der Auf­hebungs­verein­barung. Dem Arbeit­neh­mer ist eine genü­gend lange Über­le­gungs­frist ein­zu­räu­men, damit er die Auf­hebungs­verein­barung prü­fen kann. Wie lange diese zu sein hat, ist aller­dings nicht rest­los geklärt ist. Eine Bedenk­frist von fünf Tagen scheint indes angemessen.

Das Erfor­der­nis gegen­sei­ti­ger Zugeständnisse
Der Arbeit­neh­mer ver­zich­tet mit dem Abschluss der Auf­hebungs­verein­barung auf Schutz­be­stim­mun­gen, die das Gesetz zu sei­nen Guns­ten vor­sieht (ins­be­son­dere Sperr­fris­ten, Lohn­fort­zah­lung im Krank­heits­fall). Die­ser Ver­zicht des Arbeit­neh­mers muss gemäss Bun­des­ge­richt durch Gegen­leis­tun­gen des Arbeit­ge­bers im Auf­he­bungs­ver­trag ange­mes­sen auf­ge­wo­gen wer­den. Erfor­der­lich ist, dass die Auf­hebungs­verein­barung unter den kon­kre­ten tat­säch­li­chen und recht­li­chen Umstän­den zur Zeit ihres Abschlus­ses als ange­bracht erscheint.

Zur Beur­tei­lung, ob eine Auf­hebungs­verein­barung zuläs­sig ist, hat die Pra­xis Faust­re­geln ent­wi­ckelt. So darf der Arbeit­neh­mer nicht schlech­ter gestellt sein, als er dies im Falle der Arbeit­ge­ber­kün­di­gung gewe­sen wäre (Faust­re­gel 1). Der Arbeit­neh­mer muss sodann ein ver­nünf­ti­ges Inter­esse am Abschluss der Auf­hebungs­verein­barung haben (Faust­re­gel 2). Diese Regel kann (muss aber nicht) zur Rela­ti­vie­rung der Faust­re­gel 1 füh­ren, etwa wenn der Arbeit­neh­mer von sich aus und aus freiem Wil­len einen kurz­fris­ti­gen Aus­tritt wünscht.

Fol­gen einer unzu­läs­si­gen Aufhebungsvereinbarung
Das Bun­des­ge­richt hat in der Ver­gan­gen­heit in meh­re­ren Ent­schei­den Nich­tig­keit ange­nom­men. Das bedeu­tet, dass die Par­teien in die Lage zurück­zu­ver­set­zen sind, in der sie waren, wie wenn der Auf­he­bungs­ver­trag nicht abge­schlos­sen wor­den wäre. Das Arbeits­ver­hält­nis wäre also noch im unge­kün­dig­ten Zustand. Eine sol­che Rechts­folge dürfte in den meis­ten Fäl­len nicht sach­ge­recht sein. Ein Teil der Lehre stellt sich des­halb auf den Stand­punkt, dass das Arbeits­ver­hält­nis auch bei Unzu­läs­sig­keit als been­det anzu­se­hen ist. Dem Arbeit­neh­mer sol­len aber die umgan­ge­nen gesetz­li­chen oder gesamt­ar­beits­ver­trag­li­chen Ansprü­che erhal­ten blei­ben (z.B. Lohn­fort­zah­lung im Krankheitsfall).

Pra­xis­tipps
Die Auf­hebungs­verein­barung kann zu Ein­stell­ta­gen bei der Arbeits­lo­sen­ent­schä­di­gung füh­ren. Des­halb sollte die Auf­hebungs­verein­barung eine ent­spre­chende For­mu­lie­rung ent­hal­ten, etwa: „Wäre keine Auf­hebungs­verein­barung abge­schlos­sen wor­den, hätte der Arbeit­ge­ber das Arbeits­ver­hält­nis ohne Ver­schul­den der Arbeit­neh­me­rin X gekün­digt.“ Häu­fig wird in Auf­he­bungs­ver­ein­ba­run­gen auch auf die Pflicht des Arbeit­ge­bers hin­ge­wie­sen, dem Arbeit­neh­mer ein „wohl­wol­len­des Zeug­nis“ aus­zu­stel­len. Sol­che Klau­seln sind wert­los, da diese Ver­pflich­tung bereits von Geset­zes wegen besteht. Bes­ser sind kon­krete For­mu­lie­run­gen, etwa: „Die Arbeit­ge­be­rin ver­pflich­tet sich, der Arbeit­neh­me­rin inner­halb von 10 Tagen nach voll­stän­di­ger Unter­zeich­nung ein Zwi­schen­zeug­nis gemäss Anhang aus- und zuzu­stel­len. Das Schluss­zeug­nis ent­spricht dem Zwi­schen­zeug­nis (ange­passt in der Zeit­form), wobei der Schluss­ab­satz wie folgt zu lau­ten hat: ‚Frau X ver­lässt uns per 31. Dezem­ber 2022, weil wir ihr im Rah­men einer Reor­ga­ni­sa­tion keine pas­sende Stelle mehr anbie­ten konn­ten, was wir sehr bedau­ern. Wir dan­ken Frau X für ihre sehr wert­volle und enga­gierte Mit­ar­beit und wün­schen ihr für die Zukunft alles Gute und wei­ter­hin viel Erfolg’.»

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