Free­lan­cer zu sein bedeu­tet unab­hän­gig zu sein. Free­lan­cer-Ver­träge gewin­nen dem­entspre­chend an Bedeu­tung. Aller­dings sind die Unter­schiede zum Arbeits­ver­trag flies­send, wie nach­fol­gend dar­ge­legt wird.

Free­lan­cer oder freie Mit­ar­bei­tende genies­sen grös­sere Frei­hei­ten in der Arbeits­ge­stal­tung als Arbeit­neh­mer, ver­zich­ten aber im Gegen­zug auf viele Sicher­hei­ten. Sie wer­den oft für ein­zelne Auf­ga­ben, z.B. für bestimmte Pro­jekte, ein­ge­setzt. Eine eigene gesetz­li­che Rege­lung für «Free­lan­cer-Ver­träge» exis­tiert nicht, was zu schwie­ri­gen Abgren­zungs­fra­gen füh­ren kann.

Free­lan­cer sind der Idee nach selb­stän­dige Arbeits­kräfte (oft­mals ent­lar­ven sie sich de facto als Arbeit­neh­mer), die Auf­träge selb­stän­dig und auf eigene Rech­nung aus­füh­ren, ohne dabei Arbeit­neh­mer des Auf­trag­ge­bers zu sein. Sie sind also als Unter­neh­mer tätig und haben sich dem­entspre­chend auch sel­ber um ihre Sozi­al­ver­si­che­run­gen zu kümmern.

Vor- und Nach­teile des Freelancer-Einsatzes

Die Vor­teile sind klar: Der Free­lan­cer teilt sich die Arbeits­zeit frei ein und ent­schei­det nicht nur wann, son­dern auch wo und für wen er arbei­tet. Er geniesst eine grosse Unab­hän­gig­keit und erzielt häu­fig höhere Hono­rare als Arbeit­neh­mer mit ver­gleich­ba­ren Aufgaben.

Nach­tei­lig ist das im Ver­gleich zu einem Arbeit­neh­mer höhere finan­zi­elle Risiko, das ein Free­lan­cer oder freier Mit­ar­bei­ten­der ein­geht. Als Selb­stän­dig­er­wer­ben­der ist er nur bei der AHV/IV/EO ver­si­chert. Gegen Arbeits­lo­sig­keit ist er dage­gen nicht ver­si­chert. Blei­ben die Auf­träge aus, erzielt er auch kein Hono­rar. Gegen die Fol­gen von Krank­heit und Unfall muss er sich eben­falls sel­ber ver­si­chern und dem­entspre­chend auch die Prä­mien sel­ber ent­rich­ten. Der Anschluss an eine 2. Säule ist dem Free­lan­cer meist ver­wehrt. Er muss seine Alters­vor­sorge über die Säule 3a (gebun­dene Vor­sorge) oder 3b (freie Vor­sorge) auf­bauen. Als Selb­stän­dig­er­wer­ben­der unter­steht er nicht dem Arbeits­ge­setz und des­sen Schutz­vor­schrif­ten (Höchst­ar­beits­zeit, täg­li­che und wöchent­li­che Ruhe­zei­ten, Pau­sen etc.).

Auf­trag oder Arbeitsvertrag?

Free­lan­cer-Ver­träge wer­den von den Par­teien (dem Auf­trag­ge­ber und dem Free­lan­cer) meist als Auf­träge kon­zi­piert, auch als sol­che bezeich­net und expli­zit dem Recht des Auf­trags unter­stellt. Ent­schei­dend ist aller­dings nicht die Bezeich­nung des Ver­trags durch die Par­teien, son­dern die tat­säch­li­che Aus­ge­stal­tung (Art. 18 OR). Falls also zwei Par­teien ihren Ver­trag als Auf­trag bezeich­nen und sich im Ver­trags­text Auf­trag­ge­ber und Auf­trag­neh­mer nen­nen, kann es sich inhalt­lich den­noch um einen Arbeits­ver­trag han­deln, auch wenn die Par­teien dies gerade ver­hin­dern woll­ten. Dem­entspre­chend gelan­gen auch die gesetz­li­chen Rege­lun­gen des Arbeits­ver­trags (Art. 319 ff. OR) zur Anwen­dung, und aus dem selb­stän­di­gen Beauf­trag­ten wird (unge­wollt) ein unselb­stän­di­ger Arbeitnehmer.

Ob die Tätig­keit als Free­lan­cer eine selb­stän­dige Tätig­keit als Auf­trag­neh­mer oder eine unselb­stän­dige Tätig­keit als Arbeit­neh­mer vor­liegt, beur­teilt sich ins­be­son­dere danach, ob ein Sub­or­di­na­ti­ons­ver­hält­nis gege­ben ist (spricht für unselb­stän­di­gen Arbeit­neh­mer) und ob der Free­lan­cer ein unter­neh­me­ri­sches Risiko trägt (spricht für selb­stän­di­gen Auftragnehmer).

Sub­or­di­na­tion bedeu­tet, dass der Free­lan­cer dem Auf­trag­ge­ber unter­ge­ord­net ist. Er steht dem Auf­trag­ge­ber nicht auf Augen­höhe, nicht als Part­ner, gegen­über, son­dern ist wei­sungs­ge­bun­den. Er hat also z.B. Wei­sun­gen betref­fend Arbeits­pla­nung, Ort und Zeit der Arbeits­leis­tung und die Art der Arbeits­aus­füh­rung zu beach­ten. Er hat die Arbeit in aller Regel per­sön­lich zu erle­di­gen, ist in die Arbeits­or­ga­ni­sa­tion des Auf­trag­ge­bers ein­ge­bun­den (arbei­tet also zum Bei­spiel in den Büro­räum­lich­kei­ten des Auf­trag­ge­bers) und unter­steht einer umfas­sen­den Rechen­schafts- und Herausgabepflicht.

Er trägt dann ein unter­neh­me­ri­sches Risiko, wenn er erheb­li­che Inves­ti­tio­nen tätigt, z.B. durch das Ein­brin­gen von Eigen­mit­teln oder Anschaf­fun­gen für die Betriebs­or­ga­ni­sa­tion, wenn er über eigene Geschäfts­räum­lich­kei­ten ver­fügt, wenn er eige­nes Per­so­nal anstellt, wenn er ein Ver­lust­ri­siko trägt etc. Wenn der Free­lan­cer dage­gen neben sei­ner Arbeits­leis­tung keine wei­te­ren Leis­tun­gen von erheb­li­chem Umfang erbrin­gen muss (also z.B. seine Arbeit nicht im eige­nen Büro, son­dern beim Auf­trag­neh­mer erle­digt, kein Ver­lust­ri­siko und kein Inkasso- und Debi­to­ren­ri­siko trägt), spricht dies für das Vor­lie­gen eines Arbeits­ver­trags. Wenn der Free­lan­cer bei­spiels­weise ledig­lich einen eige­nen Lap­top finan­ziert, kann noch nicht von unter­neh­me­ri­schem Risiko gespro­chen werden.

Ein­zel­fall­be­zo­gene Beur­tei­lung und Scheinselbständigkeit

Ob der Free­lan­cer-Ver­trag als Arbeits­ver­trag bzw. eine unselb­stän­dige Tätig­keit oder als Auf­trag bzw. eine selb­stän­dige Tätig­keit zu qua­li­fi­zie­ren ist, wird ein­zel­fall­be­zo­gen und unter Wür­di­gung der gesam­ten Umstände beur­teilt. Es fin­det eine Abwä­gung der ein­zel­nen Kri­te­rien gegen­ein­an­der ab. So ist es denk­bar, dass im kon­kre­ten Fall die Kri­te­rien zur Beur­tei­lung des Sub­or­di­na­ti­ons­ver­hält­nis­ses zu kei­nem ein­deu­ti­gen Resul­tat füh­ren und erst die Beant­wor­tung der Frage, ob der Free­lan­cer ein wirt­schaft­li­ches Risiko trägt, Klar­heit schafft. Umge­kehrt kann aber auch das Mass der Wei­sungs­ge­bun­den­heit ent­schei­dend sein, wenn der Free­lan­cer z.B. klei­nere Inves­ti­tio­nen sel­ber tätig, aber den­noch stark wei­sungs­ge­bun­den ist, was für das Vor­lie­gen eines Arbeits­ver­hält­nis­ses spre­chen würde.

Tre­ten gleich­zei­tig Merk­male der selb­stän­di­gen und der unselb­stän­di­gen Erwerbs­tä­tig­keit zutage, spricht man von Schein­selb­stän­dig­keit. Der Ent­scheid, wel­chen Sta­tus die betref­fende Per­son hat, rich­tet sich in die­sem Fall danach, wel­che die­ser Merk­male im kon­kre­ten Fall über­wie­gen. Aus­schlag­ge­bend für die Beja­hung eines Arbeits­ver­hält­nis­ses ist oft­mals, dass der Schein­selb­stän­dige nicht nur Wei­sungs­emp­fän­ger, son­dern auch wirt­schaft­lich betrach­tet vom Auf­trag­ge­ber abhän­gig ist, weil er prak­tisch nur für ihn arbei­tet. Arbei­tet er dage­gen für ver­schie­dene Auf­trag­ge­ber, spricht dies wie­derum für das Vor­lie­gen eines Auf­trags und damit für selb­stän­dige Tätigkeit.

Fol­gen der Beur­tei­lung des Free­lan­cer-Ver­trags als Arbeitsvertrag

Wird der Ver­trag von der AHV als unselb­stän­dige Erwerbs­tä­tig­keit qua­li­fi­ziert, führt dies dazu, dass das vom Free­lan­cer ver­ein­nahmte Hono­rar wie Lohn betrach­tet wird. Dem­entspre­chend sind auf die­sem Hono­rar die ent­spre­chen­den Arbeit­ge­ber- und Arbeit­neh­mer­ab­züge vor­zu­neh­men und der Aus­gleichs­kasse abzu­lie­fern. Weil gegen­über der AHV der Arbeit­ge­ber (also der ver­meint­li­che Auf­trag­ge­ber) abrech­nungs­pflich­tig und damit Schuld­ner der Bei­träge ist, muss der Arbeit­ge­ber den Arbeit­neh­mer­bei­trag beim Free­lan­cer ein­for­dern. Der Arbeit­ge­ber trägt damit ein Delkre­dere-Risiko. Die ande­ren Sozi­al­ver­si­che­rungs­zweige (ins­be­son­dere die beruf­li­che Vor­sorge) wei­chen grund­sätz­lich von der Fest­le­gung des AHV-Sta­tuts nicht ab, sofern der Ent­scheid nicht offen­sicht­lich ist. Die (nach­träg­li­che) Qua­li­fi­ka­tion des Free­lan­cer-Ver­trags als Arbeits­ver­trag kann auch dazu füh­ren, dass der ver­meint­li­che Beauf­tragte (de facto Arbeit­neh­mer) Ansprü­che auf Feri­en­lohn­zah­lun­gen, Lohn­fort­zah­lung im Krank­heits­fall etc. stellt.

Nütz­li­che For­mu­lie­run­gen im Freelancer-Vertrag

Um zu ver­hin­dern, dass ein Free­lan­cer-Ver­trag als Arbeits­ver­trag qua­li­fi­ziert wird bzw. um die ent­spre­chen­den Risi­ken (Nach­zah­lung von AHV) zu redu­zie­ren, fin­den sich häu­fig spe­zi­fi­sche Klau­seln in den ent­spre­chen­den Ver­trä­gen. So wird z.B. oft­mals expli­zit fest­ge­hal­ten, dass der Beauf­tragte für den Auf­trag­ge­ber als freier Mit­ar­bei­ter tätig ist und recht­lich als selb­stän­dig erwer­bend gilt und dass er nicht in die Arbeits­or­ga­ni­sa­tion der Firma ein­ge­glie­dert ist. Häu­fig anzu­tref­fen ist auch die For­mu­lie­rung, dass der Beauf­tragte als Selb­stän­dig­er­wer­ben­der die Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­träge selb­stän­dig abrech­net und dass eine schrift­li­che Aner­ken­nung der Selb­stän­dig­keit des Beauf­trag­ten durch die AHV vor­liegt. Eine sol­che Bestä­ti­gung ist sinn­voll. Sie bezieht sich aller­dings nur auf Arbei­ten, die der Beauf­tragte als Direkt­auf­trag erfüllt. Wenn der Beauf­tragte einer Firma ledig­lich seine Arbeits­kraft zur Ver­fü­gung stellt, der Auf­trag des Kun­den aber im Namen und auf Rech­nung die­ser Firma aus­ge­führt wird, wird dies von der AHV wie­derum als unselb­stän­dige Tätig­keit beurteilt.

Gel­ten auch für Free­lan­cer Höchstarbeitszeiten?

Rechts­si­chere Ant­wor­ten auf die wich­tigs­ten Pra­xis­fra­gen zu Free­lan­cern und freien Mitarbeitenden.

Frage: Ist der Free­lan­cer-Ver­trag gesetz­lich geregelt?
Ant­wort: Nein, es exis­tiert keine expli­zite gesetz­li­che Rege­lung für die­sen Ver­trag. Die­ser erweist sich meist als Arbeits­ver­trag oder als Auftrag.

Frage: Muss der Free­lan­cer Höchst­ar­beits­zei­ten beachten?
Ant­wort: Wenn es sich um einen Selb­stän­dig­er­wer­ben­den han­delt, unter­steht er nicht dem Arbeits­ge­setz. Dem­entspre­chend sind auch keine Höchst­ar­beits­zei­ten zu beach­ten. Han­delt es sich beim Free­lan­cer dage­gen um einen Arbeit­neh­mer, unter­steht er dem Arbeitsgesetz.

Frage: Hat der Free­lan­cer Anspruch auf einen Mindestlohn?
Ant­wort: Wenn es sich beim Free­lan­cer um einen Selb­stän­dig­er­wer­ben­den han­delt, besteht kein Anspruch auf einen Min­dest­lohn. Der Free­lan­cer erhält kei­nen Lohn, son­dern ein Hono­rar. Han­delt es sich beim Free­lan­cer um einen Arbeit­neh­mer, ist grund­sätz­lich eben­falls kein Min­dest­lohn zu beach­ten, aus­ser ein Gesamt­ar­beits­ver­trag oder ein Nor­mal­ar­beits­ver­trag würde einen sol­chen vor­se­hen. Es gibt in der Schweiz nach wie vor kei­nen gesetz­li­chen Min­dest­lohn (abge­se­hen von gewis­sen kan­to­na­len Min­dest­löh­nen, z.B. im Kan­ton Neu­en­burg oder Jura).

Frage: Ist der Free­lan­cer gegen Arbeits­lo­sig­keit und Unfall versichert?
Ant­wort: Wenn es sich beim Free­lan­cer um einen Selb­stän­dig­er­wer­ben­den han­delt, ist er nur im Rah­men der AHV/EO/IV ver­si­chert. Der Free­lan­cer muss sich gegen die Fol­gen von Unfall und Krank­heit sel­ber ver­si­chern (der Unfall mag über seine pri­vate Kran­ken­ver­si­che­rung abge­deckt sein; Unfall­tag­gel­der oder Kran­ken­tag­gel­der rich­tet diese aber nicht aus).

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