Strei­tig­kei­ten bei ärzt­lich beschei­nig­ter Arbeits­un­fä­hig­keit sind sehr häu­fig. Im nach­fol­gen­den Refe­rat wird unter ande­rem dar­ge­legt, wann Zwei­fel an der Aus­sa­ge­kraft eines Arzt­zeug­nis­ses ange­bracht sind und wel­che Mass­nah­men ergrif­fen wer­den können.

I. Bedeu­tung der Arbeits­un­fä­hig­keit (AUF)

Aus­wir­kun­gen auf:

  • Lohn­fort­zah­lung (Art. 324a OR)
  • Kün­di­gungs­schutz (Art. 336c)
  • Ver­län­ge­rung der Pro­be­zeit (Art. 335b Abs. 3 OR)
  • Kür­zung des Feri­en­an­spruchs (Art. 329b Abs. 2 OR)
  • Pflege kran­ker Kin­der (Art. 36 Abs. 3 ArG)

II. Defi­ni­tion der Arbeitsunfähigkeit

Im Sozi­al­ver­si­che­rungs­recht

  • AUF ist die durch eine Beein­träch­ti­gung der kör­per­li­chen, geis­ti­gen oder psy­chi­schen Gesund­heit bedingte, volle oder teil­weise Unfä­hig­keit, im bis­he­ri­gen Beruf oder Auf­ga­ben­be­reich zumut­bare Arbeit zu leis­ten. Bei lan­ger Dauer wird auch die zumut­bare Tätig­keit in einem ande­ren Beruf oder Auf­ga­ben­be­reich berück­sich­tigt (Art. 6 ATSG).

II. Defi­ni­tion der Arbeitsunfähigkeit

Im Arbeitsrecht

  • Keine Defi­ni­tion im Gesetz
  • Lehre: Die Arbeits­un­fä­hig­keit muss einen Bezug zur kon­kre­ten, indi­vi­du­el­len Arbeits­tä­tig­keit des Mit­ar­bei­ten­den auf­wei­sen (medi­zi­nisch­theo­re­ti­sche Ein­schrän­kung einer kör­per­li­chen Funk­tion ist nicht rele­vant; z.B ist ein an Zucker­krank­heit lei­den­der Mit­ar­bei­ten­der nicht zwin­gend arbeitsunfähig).
  • Ent­we­der Unmög­lich­keit der Arbeits­leis­tung (Feh­len der Fähig­keit zur nutz­brin­gen­den Ent­fal­tung der Arbeitskraft)
  • oder Unzu­mut­bar­keit der Arbeits­leis­tung (Arbeits­fä­hig­keit ist zwar gege­ben, kann aber aus gutem Grund nicht ver­langt werden).

Sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­che Arbeits­un­fä­hig­keit und arbeits­recht­li­che Arbeits­un­fä­hig­keit sind häu­fig, aber nicht immer deckungsgleich.

Bei­spiel:

  • Ein von einer Kran­ken­tag­geld­ver­si­che­rung man­da­tier­ter Ver­si­che­rungs­me­di­zi­ner sieht in einer „Anpas­sungs­stö­rung mit län­ge­rer depres­si­ver Reak­tion“ aus ver­si­che­rungs­psych­ia­tri­scher Sicht keine Arbeits­un­fä­hig­keit, wor­auf die KTG die Lohn­fort­zah­lung einstellt.

Bei­spiel:

  • Der behan­delnde Psych­ia­ter hält indes eine AUF aus arbeits­recht­li­cher Sicht für gegeben.
  • Wie­der­auf­le­ben der Lohn­fort­zah­lungs­pflicht des Arbeitgebers?

Arbeits­un­fä­hig­keit ist nicht iden­tisch mit Ferienunfähigkeit

  • Bei­spiel: Ein Hand­wer­ker, wel­cher den Mit­tel­fin­ger ver­staucht hat, ist arbeits­un­fä­hig, kann aber die Ferien gleich­wohl geniessen.
  • Bei­spiel: Ein zu 50% arbeits­un­fä­hi­ger Mit­ar­bei­ten­der begibt sich in die Ferien. Hat er die Ferien bezo­gen oder ledig­lich teil­weise bezogen?

Viel­fäl­tige Erschei­nungs­for­men in der Praxis

  • Eine AUF ist nicht mit Bett­läg­rig­keit zu ver­wech­seln, was es vor allem im Zusam­men­hang mit psy­chi­schen Erkran­kun­gen zu beach­ten gilt.

Bei­spiel:

  • Ein arbeits­un­fä­hi­ger Mit­ar­bei­ten­der wurde tags­über in der Stadt beim Ein­kau­fen gesich­tet; eine arbeits­un­fä­hige Mit­ar­bei­tende reiste nach Ber­lin und wurde beim Chat­ten auf Face­book ertappt, wo sie über ihre tol­len Erleb­nisse in Ber­lin berich­tete; ein arbeits­un­fä­hi­ger Mit­ar­bei­ten­der wurde beim ver­gnüg­ten Sur­fen auf dem Urner­see gesichtet.

Häu­fige Reak­tion des Arbeit­ge­bers: Frist­lose Kündigung

Bei psy­chi­schen Erkran­kun­gen wird den Mit­ar­bei­ten­den von Ärz­ten häu­fig eine Betä­ti­gung an der fri­schen Luft emp­foh­len (Spa­zier­gänge etc.). Der Sur­fer litt an Mor­bus Bech­te­rev (sport­li­che Betä­ti­gung wird emp­foh­len). Frist­lose Kün­di­gun­gen sind in den meis­ten Fäl­len nicht gerechtfertigt.

Emp­feh­lung für die Pra­xis: Keine Schnell­schüsse! Diese kön­nen teuer zu ste­hen kom­men. Kon­takt­nahme mit Mit­ar­bei­ten­dem und/oder Arzt.

III. Bestim­mung der Arbeitsunfähigkeit

Arbeits­un­fä­hig­keit ist kein medi­zi­ni­scher Begriff. Den­noch wird sie von Ärz­ten beurteilt.

Ebenso wenig ent­hal­ten die in der Schweiz gel­ten­den gesetz­li­chen Bestim­mun­gen Kri­te­rien über den Grad der AUF oder deren Dauer bei einer gesund­heit­li­chen Beein­träch­ti­gung. Allein der Arzt kann über die AUF entscheiden.

Theo­rie:

Der Arzt beruft sich ins­be­son­dere auf die Art und die Schwere der fest­ge­stell­ten Beein­träch­ti­gung, die beob­ach­te­ten funk­tio­na­len Ein­schrän­kun­gen, die erwar­tete Ent­wick­lung unter dem Ein­fluss geeig­ne­ter the­ra­peu­ti­scher Mass­nah­men gemäss den gebräuch­li­chen medi­zi­ni­schen Emp­feh­lun­gen sowie auf seine Erfah­rung als Arzt (http://www.vertrauensaerzte.ch/manual/chapter11.html),

Theo­rie:

Die Schät­zung der Arbeits­un­fä­hig­keit beinhal­tet zwei Kom­po­nen­ten, die sepa­rat zu betrach­ten sind (Quelle: Inter­es­sen­ge­mein­schaft Ver­si­che­rungs­me­di­zin Schweiz: Arbeits­un­fä­hig­keit, Leit­li­nie zur Beur­tei­lung der AUF nach Unfäl­len und bei Krankheit):

  • die Leis­tungs­kom­po­nente (Belast­bar­keit)
  • die Zeit­kom­po­nente (Prä­senz­zeit am Arbeitsplatz)

Theo­rie:

Für die Ermitt­lung der Arbeits­un­fä­hig­keit sind die Ein­schrän­kun­gen der bei­den Kom­po­nen­ten in Betracht zu ziehen.

  • Bei­spiel: Eine Ein­schrän­kung der Belast­bar­keit um 50% und eine zeit­li­che Ein­schrän­kung um 50% erge­ben eine AUF von 75%

Pra­xis:

Arzt­zeug­nisse wer­den in den meis­ten Fäl­len auf Pati­en­ten­aus­sa­gen und nicht auf kli­ni­sche Befunde abge­stützt. Der Arzt ist auf Schil­de­run­gen des Pati­en­ten ange­wie­sen (wenn die­ser z.B. von Mob­bing am Arbeits­platz berichtet).

Der Arzt ver­wei­gert sel­ten die vom Pati­en­ten ver­langte AUF. Auch wenn der Arzt ein Zeug­nis expli­zit als nicht emp­feh­lens­wert erach­tet, wird es fast immer ausgestellt.

Pra­xis:

Das Arzt­zeug­nis erweist sich des­halb häu­fig als Ver­hand­lungs­pro­dukt zwi­schen Pati­ent und Arzt (Quelle: Dr. med. Gre­gor Risi, stv. Chef­arzt asim, Uni­ver­si­täts­spi­tal Basel, Bestim­mung der Arbeits­un­fä­hig­keit – Erfah­rungs­be­richt aus ärzt­li­cher Sicht, S. 75 ff., in: René Schaffhauser/Ueli Kie­ser, Arbeits­un­fä­hig­keit und Taggeld)

IV. Nach­weis der Arbeitsunfähigkeit

Der Mit­ar­bei­tende hat den Nach­weis der AUF zu erbringen.

Er kann das auf ver­schie­dene Art und Weise tun:

  • Blosse Mit­tei­lung an den Arbeit­ge­ber (sofern sich der Arbeit­ge­ber damit zufrie­den gibt)
  • Zeu­gen
  • Umstände
  • Arzt­zeug­nis
  • Etc.

Arzt­zeug­nis ist also ledig­lich ein Beweis­mit­tel unter ande­ren. Aber: Es ist de facto das wich­tigste. Die Gerichte stel­len in der Regel auf Arzt­zeug­nisse ab, so lange keine begrün­de­ten Zwei­fel an des­sen Rich­tig­keit bestehen (BGE 4P.101/2005). Arzt­zeug­nisse unter­lie­gen der freien rich­ter­li­chen Beweis­wür­di­gung. Hat der Rich­ter Zwei­fel an der Rich­tig­keit des Arzt­zeug­nis­ses, kann er den Arzt als Zeu­gen befragen.

V. Inhalt des Arztzeugnisses

Der Arzt ist an Arzt­ge­heim­nis gebun­den. Er darf ohne Ein­wil­li­gung des Pati­en­ten dem Arbeit­ge­ber keine Dia­gnose bekannt geben.

Mini­mal­in­halt (= ein­fa­ches Arztzeugnis):

  • Name und Vor­name des Patienten
  • Begriff „Arbeits­un­fä­hig­keit“ sowie Ver­merk “Krank­heit bzw. Unfall”
  • Beginn und Ende der AUF (auf kei­nen Fall unbe­fris­tet, z.B. „bis auf weiteres“)
  • Grad der AUF
  • Aus­stel­lungs­da­tum des Zeug­nis­ses, Stem­pel und Unter­schrift des Arz­tes (nicht einer Hilfsperson)
  • Angabe einer «Fern­dia­gnose», z.B. «tele­fo­ni­sches Zeugnis»

Lücken des ein­fa­chen Arztzeugnisses

  • Unge­nü­gend bezüg­lich Diagnose
  • Sel­ten brauch­bare Anga­ben über mög­li­che Anpas­sun­gen des Arbeits­plat­zes oder medi­zi­ni­sche oder arbeits­platz­ori­en­tierte Inter­ven­tio­nen zur Ver­bes­se­rung der Rück­kehr zur Arbeit
  • Keine prä­zi­sen Anga­ben zur Ver­wer­tung einer all­fäl­li­gen Restarbeitsfähigkeit
  • Keine prä­zi­sen Anga­ben, wie eine Teil­ar­beits­un­fä­hig­keit zu ver­ste­hen ist (was bedeu­tet z.B. eine 50%-ige AUF).

Wün­schens­wer­ter Inhalt (detail­lier­tes Arzt­zeug­nis; in der Pra­xis teil­weise umgesetzt)

  • Bei Teil­ar­beits­fä­hig­keit Angabe, zu wie­viel Pro­zent sich diese aus Arbeits­zeit und zu wie­viel Pro­zent aus Arbeits­leis­tung ergibt (heisst z.B. eine 50%- ige AUF eine 50%-ige Leis­tung bei 100%-iger Prä­senz? Heisst z.B. 50%-ige AUF 5 Halb­tage pro Woche oder 2.5 ganze Tage pro Woche?)
  • Beschrei­bung, wel­che Tätig­kei­ten der Mit­ar­bei­tende bei redu­zier­ter Arbeits­fä­hig­keit aus­üben kann und wel­che nicht.
  • Raum für zusätz­li­che Bemer­kun­gen des Arztes
  • Bei Teil­zeit­ar­beit und Teil­ar­beits­fä­hig­keit prä­zise Anga­ben dar­über, in wel­chem Ver­hält­nis der Grad der Teil­ar­beits­fä­hig­keit zur Teil­zeit­ar­beit steht (was ist z.B. unter einer 30%-igen AUF bei einer Teil­zeit­stelle von 50% zu verstehen?).

Ein detail­lier­tes Arzt­zeug­nis macht vor allem Sinne bei län­ger dau­ern­den AUF (> 7 Tage).

Vor­aus­set­zung für ein sol­ches detail­lier­tes Arzt­zeug­nis ist Arbeitsplatzbeschrieb

  • Stellenbeschreibung/Hauptaufgabe
  • All­fäl­lige Besonderheiten
  • Spe­zi­elle Anfor­de­run­gen / Rah­men­be­din­gun­gen (Sitz­ar­beits­platz, Steh­ar­beits­platz, Bild­schirm­ar­beits­platz, Lärm, Wärme, Geruch, Heben von Las­ten etc.)
  • Arbeits­zeit (Tages­be­trieb, Tages­be­trieb glei­tend, Schicht­be­trieb etc.)
  • Kon­takt­per­son für Rückfragen

Im Zwei­fels­fall sollte ein detail­lier­tes Arzt­zeug­nis ver­langt werden.

VI. Zwei­fel an der Rich­tig­keit des Arztzeugnisses

Krank­schrei­bung unmit­tel­bar vor dro­hen­der oder nach bereits erfolg­ter Kün­di­gung. Nach­ein­an­der ein­ge­reichte Arzt­zeug­nisse von unter­schied­li­chen Ärz­ten. Fern­dia­gnose (z.B. auf­grund eines Tele­fo­nats, ohne Unter­su­chung des Arztes)

Über­mäs­sige Rück­da­tie­rung (> 7 Tage)

  • Eine Rück­da­tie­rung ist nicht per se unzu­läs­sig. Häu­fig gehen Mit­ar­bei­tende z.B. im Falle einer Grippe erst nach ein paar Tagen zum Arzt.
  • Im Ein­zel­fall kann auch eine län­gere Rück­da­tie­rung plau­si­bel sein (etwa wenn der Mit­ar­bei­tende bereits seit län­ge­rem arbeits­un­fä­hig ist und beim sel­ben Arzt in Behand­lung ist oder bei schwe­re­ren Krankheiten)
  • Keine Min­dest­dauer («bis auf Weiteres»)
  • Keine eigen­hän­dige Unter­schrift des Arztes
  • Kein Behand­lungs-/Un­ter­su­chungs­da­tum

VII. Mass­nah­men des Arbeit­ge­bers bei Zwei­feln an der Arbeitsunfähigkeit

Kon­takt­auf­nahme mit dem Arzt (Arzt­ge­heim­nis gilt abso­lut, hin­dert aber den Dia­log nicht)

Zuläs­sige Fra­gen an den Arzt:

  • Haben Sie die/den Mitarbeitende(n) untersucht?
  • Seit wann steht die/der Mit­ar­bei­tende in Ihrer Behandlung
  • Hat die/der Mit­ar­bei­tende sei­nen kon­kre­ten Arbeits­platz und die damit ver­bun­de­nen Anfor­de­run­gen beschrieben?
  • Wes­halb haben Sie das Arzt­zeug­nis rück­wir­kend ausgestellt?
  • Was bedeu­tet die Teil­ar­beits­un­fä­hig­keit (z.B. 50%) konkret?

Anord­nung einer ver­trau­ens­ärzt­li­chen Untersuchung

  • Nach Lehre und Recht­spre­chung auch zuläs­sig, wenn die ver­trau­ens­ärzt­li­che Unter­su­chung ver­trag­lich nicht vor­ge­se­hen ist, soweit objek­tive Zwei­fel an der Rich­tig­keit des Arzt­zeug­nis­ses bestehen.
  • Diese Ver­pflich­tung wird aus der Treue­pflicht abgeleitet.
  • Den­noch von Vor­teil, wenn eine ver­trag­li­che Rege­lung besteht (um unnö­tige Dis­kus­sio­nen zu vermeiden).
  • Anord­nung darf nicht schi­ka­nös sein (das ist sie dann nicht, wenn objek­tive Zwei­fel an der Rich­tig­keit des Arzt­zeug­nis­ses bestehen).
  • Ver­wei­gert die/der Mit­ar­bei­tende die Unter­su­chung, kann sich der Arbeit­ge­ber auf den Stand­punkt stel­len, dass die Arbeits­un­fä­hig­keit – trotz Arzt­zeug­nis – nicht belegt ist, und die/den Mitarbeitende(n) zur Arbeit auffordern.
  • Kommt der/die Mit­ar­bei­tende die­ser Auf­for­de­rung nicht nach, darf der Arbeit­ge­ber die Lohn­zah­lung einstellen.

VIII. Knack­nüsse

Fall 1 (Pflicht zur Vor­lage eines Arztzeugnisses):

  • Im Per­so­nal­re­gle­ment der Firma X wird fest­ge­hal­ten, dass ab dem 3. Absenz­tag ein Arzt­zeug­nis vor­zu­le­gen ist. Der Mit­ar­bei­tende Y erscheint am Mon­tag, dem 26. Januar 2015, nicht zur Arbeit und reicht bis Don­ners­tag, 29. Januar 2015, auch kein Arzt­zeug­nis ein. Tele­fon­an­rufe des Arbeit­ge­bers blei­ben unbe­ant­wor­tet, wor­auf der Arbeit­ge­ber das Arbeits­ver­hält­nis am Mon­tag, dem 2. Februar 2015, frist­los kündigt.

Am 4. Februar 2015 trifft beim Arbeit­ge­ber ein Arzt­zeug­nis ein, wel­ches vom 29. Januar 2015 datiert und dem Mit­ar­bei­ten­den Y eine Arbeits­un­fä­hig­keit ab dem 26. Januar 2015 bescheinigt.

  • Vari­ante 1 zu Fall 1
  • Das Arzt­zeug­nis beschei­nigt dem Mit­ar­bei­ten­den Y eine Arbeits­un­fä­hig­keit ab dem 29. Januar 2015.
  • Vari­ante 2 zu Fall 1:
  • Das Arzt­zeug­nis datiert vom 3. Februar 2015 und beschei­nigt dem Mit­ar­bei­ten­den Y rück­wir­kend eine Arbeits­un­fä­hig­keit ab dem 26. Januar 2015.
  • Fra­ge­stel­lung zu Fall 1
  • Gereicht des dem Mit­ar­bei­ten­den Y bei der Beur­tei­lung der Recht­mäs­sig­keit der frist­lo­sen Kün­di­gung zum Nach­teil, dass er sei­ner Ver­pflich­tung zum Ein­rei­chen eines Arzt­zeug­nis­ses ver­spä­tet nach­ge­kom­men ist?
  • Fra­ge­stel­lung zu Fall 1, Vari­ante 1:
  • Gereicht es dem Mit­ar­bei­ten­den Y zum Nach­teil, dass für die Dauer vom 26. Januar bis zum 28. Januar 2015 keine AUF beschei­nigt wird?
  • Fra­ge­stel­lung zu Fall 1, Vari­ante 2:
  • Gereicht dem Mit­ar­bei­ten­den Y das rück­wir­kend aus­ge­stellte Arbeits­un­fä­hig­keits­zeug­nis zum Nachteil?

Fall 2 (aus­län­di­sches Arztzeugnis):

  • Der Mit­ar­bei­tende Y legt dem Arbeit­ge­ber nach den Ferien in der Tür­kei, die vom 31. Januar bis zum 14. Februar 2015 gedau­ert haben, am Mon­tag, 16. Februar 2015, ein von einem tür­ki­schen Arzt aus­ge­stell­tes Arzt­zeug­nis vor, wel­ches dem Mit­ar­bei­ten­den Y eine vom 1. Februar 2015 bis zum 11. Februar 2015 bestehende Arbeits­un­fä­hig­keit beschei­nigt. Y ver­langt die Gut­schrei­bung der bezo­ge­nen Ferientage.
  • Fra­ge­stel­lung zu Fall 2:
  • Wie ver­hält es sich bezüg­lich Beweis­werts eines aus­län­di­schen Arztzeugnisses?
  • Wie ver­hält es sich bezüg­lich der Mel­de­pflicht des Mit­ar­bei­ten­den Y?
  • Wie beur­tei­len Sie den Anspruch des Mit­ar­bei­ten­den Y?

Fall 3 (Sperr­frist / Nich­tig­keit der Kündigung):

  • Der Mit­ar­bei­tende Y erscheint am Mor­gen des 17. März 2015 zur Arbeit. Der Arbeit­ge­ber zitiert ihn um 12.00 Uhr ins Büro und spricht die ordent­li­che Kün­di­gung unter Ein­hal­tung der Kün­di­gungs­frist aus. Am Nach­mit­tag des 17. März 2015 begibt sich Y zum Arzt, wel­cher Y eine bereits am 17. März 2015 bestehende Arbeits­un­fä­hig­keit bescheinigt.
  • Vari­ante zu Fall 3:
  • Glei­cher Sach­ver­halt wie oben. Gemäss Ver­trag hat die Kün­di­gung aber per Ein­schrei­ben zu erfol­gen. Der Arbeit­ge­ber sen­det die Kün­di­gung nach münd­li­chem Aus­spre­chen der­sel­ben an den Mit­ar­bei­ten­den Y, der die Kün­di­gung am 18. März 2015 ent­ge­gen nimmt, dem Arbeit­ge­ber aber ein Arzt­zeug­nis ein­reicht, das eine AUF ab 18. März 2015 bescheinigt.
  • Fra­ge­stel­lung zu Fall 3:
  • Ist die Kün­di­gung nichtig?
  • Fra­ge­stel­lung zur Variante:
  • Ist die Kün­di­gung nichtig

Fall 4 (Sperr­frist / Nich­tig­keit der Kündigung):

  • Der Mit­ar­bei­tende Y erscheint am Mon­tag, dem 26. Januar 2015, nicht zur Arbeit und reicht auch kein Arbeits­zeug­nis ein. Tele­fon­an­rufe des Arbeit­ge­bers blei­ben unbe­ant­wor­tet, wor­auf der Arbeit­ge­ber das Arbeits­ver­hält­nis am Mon­tag, dem 2. Februar 2015, ordent­lich unter Ein­hal­tung einer ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Kün­di­gungs­frist von zwei Mona­ten auf Ende April 2015 kündigt.

Am 4. Februar 2015 trifft beim Arbeit­ge­ber ein Arzt­zeug­nis ein, wel­ches vom 3. Februar 2015 datiert und dem Mit­ar­bei­ten­den Y eine Arbeits­un­fä­hig­keit ab 26. Januar 2015 bis vor­erst 10. Februar 2015 beschei­nigt. Das Zeug­nis wird anschlies­send ver­län­gert. Der Mit­ar­bei­tende Y moniert die Nich­tig­keit der Kün­di­gung, der­weil der Arbeit­ge­ber das rück­wir­kend aus­ge­stellte Arzt­zeug­nis nicht akzep­tiert. Es kommt zu einem Gerichtsfall.

  • Fra­ge­stel­lung zu Fall 4:
  • Worin bestehen die Risi­ken des Arbeitgebers?
  • Wie kann er die­ses Risiko reduzieren?

Fall 5 (Arbeits­platz­be­zo­gene AUF):

  • Der Mit­ar­bei­tende Y arbei­tet seit 7 Jah­ren bei der X AG, wel­che das Arbeits­ver­hält­nis am 16. März 2015 unter Ein­hal­tung einer Kün­di­gungs­frist von drei Mona­ten auf den 30. Juni 2015 kün­digt. Der Mit­ar­bei­tende Y wird von sei­nem Psych­ia­ter ab dem 1. April 2015 zu 100% arbeits­un­fä­hig geschrieben.

Der nach Anhal­ten der Arbeits­un­fä­hig­keit ein­ge­schal­tete Ver­trau­ens­arzt hält Anfang Mai 2015 fest, dass in Bezug auf den kon­kre­ten Arbeits­platz tat­säch­lich eine 100%-ige Arbeits­un­fä­hig­keit besteht, der Mit­ar­bei­tende aber in der Lage wäre, bei einem ande­ren Arbeit­ge­ber 100% zu arbeiten.

  • Vari­ante zu Fall 5:
  • Der Ver­trau­ens­arzt hält fest, dass der Mit­ar­bei­tende in der Lage wäre, unter einem ande­ren Vor­ge­setz­ten zu arbeiten.
  • Fra­ge­stel­lung zu Fall 5:
  • Wann endet das Arbeitsverhältnis?
  • Besteht ein Lohnfortzahlungs­anspruch des Mit­ar­bei­ten­den bis zur Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses (Annahme: keine Krankentaggeldversicherung)?
  • Wie behan­deln Tag­geld­ver­si­che­rung die arbeits­platz­be­zo­gene AUF? Wel­che Pro­bleme kön­nen sich dies­be­züg­lich für den Arbeit­ge­ber stellen?
  • Fra­ge­stel­lung zur Variante:
  • Ist der Mit­ar­bei­tende ver­pflich­tet, einer Auf­for­de­rung des Arbeit­ge­bers nach­zu­kom­men, unter einem ande­ren Vor­ge­setz­ten in einem ver­gleich­ba­ren Umfeld zu arbeiten?

Fall 6 («Prä­sen­tis­mus»)

  • Der Mit­ar­bei­tende Y arbei­tet seit drei Jah­ren bei der X AG. Er lei­det an Leuk­ämie, erscheint aber den­noch zur Arbeit. Am 16. März 2015 kün­digt die X AG das Arbeits­ver­hält­nis unter Ein­hal­tung der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Kün­di­gungs­frist auf den 30. Juni 2015.

Der Mit­ar­bei­tende Y stellt sich auf den Stand­punkt, dass Leuk­ämie eine Krank­heit und die Kün­di­gung des­halb nich­tig sei, obwohl er zum Zeit­punkt des Aus­spre­chens der Kün­di­gung gear­bei­tet habe.

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