Die Mit­wir­kung der Arbeit­neh­mer im Unter­neh­men ist in der Schweiz rela­tiv schwach aus­ge­bil­det. Ins­be­son­dere ist die Mit­wir­kung nicht mit Mit­be­stim­mung zu ver­wech­seln. Bei den Mit­wir­kungs­rech­ten han­delt es sich ins­be­son­dere um Infor­ma­ti­ons­rechte. Der nach­fol­gende Arti­kel beschäf­tigt sich mit die­sen Infor­ma­ti­ons­rech­ten, der Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung und der Frage, ob die Grund­sätze des Mit­wir­kungs­ge­set­zes auf öffent­lich-recht­li­che Institutionen über­tra­gen wer­den können.

I. Ent­ste­hung und Inhalt des Mitwirkungsgesetzes

Da die Mehr­zahl der EU-Staa­ten gesetz­li­che Mit­be­stim­mungs­re­ge­lun­gen zuguns­ten der Arbeit­neh­mer kennt, schlug der Bun­des­rat 1992 im Hin­blick auf den EWR-Bei­tritt ein Mit­wir­kungs­ge­setz vor. Der EWR-Bei­tritt wurde zwar abge­lehnt, das Bun­des­ge­setz über die Infor­ma­tion und Mit­spra­che der Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer in den Betrie­ben (Mit­wir­kungs­ge­setz) vom 17. Dezem­ber 1993 wurde aber im Rah­men der Swiss Lex-Vor­lage am 1. Mai 1994 in Kraft gesetzt. Es besteht abge­se­hen von Bestim­mun­gen über die Rechts­pflege und den Schluss­be­stim­mun­gen aus vier Abschnitten:

- den All­ge­mei­nen Bestimmungen;

- den Bestim­mun­gen über die Arbeitnehmervertretung;

- den Bestim­mun­gen über die Mitwirkungsrechten;

- und den Bestim­mun­gen über die Zusammenarbeit

Her­vor­zu­he­ben ist, dass das Mit­wir­kungs­ge­setz, wie es bereits der Name ver­rät, die Mit­wir­kung, nicht aber die Mit­be­stim­mung, die Betei­li­gung der Arbeit­neh­mer an der Lei­tung des Unter­neh­mens, regelt.1 Eine Mit­be­stim­mung in den Orga­nen der Unter­neh­men ist in der Schweiz gesetz­lich nicht vor­ge­se­hen. Die gesetz­li­chen Mit­wir­kungs­rechte sind sodann von den ver­trag­li­chen Mit­wir­kungs­re­ge­lun­gen zu unter­schei­den, die bereits vor dem Inkraft­tre­ten des Mit­wir­kungs­ge­set­zes ins­be­son­dere in diver­sen Gesamt­ar­beits­ver­tra­gen vor­han­den waren. Das Mit­wir­kungs­ge­setz prä­sen­tiert sich dem­entspre­chend als Rah­men­ge­setz, das der tra­di­tio­nell kol­lek­tiv­recht­li­chen Rege­lung der Betriebs­ver­fas­sung durch Gesamt­ar­beits­ver­trag und Betriebs­ord­nung wei­ten Raum lässt. Das kommt ins­be­son­dere in Art. 2 MitwG zum Aus­druck, der die ver­trag­li­che Abwei­chung von im Gesetz vor­ge­se­he­nen Rege­lun­gen zuguns­ten der Arbeit­neh­mer zulässt.

II. Die all­ge­mei­nen Bestim­mun­gen des Mitwirkungsgesetzes

1. Anwen­dungs­be­reich

Das Mit­wir­kungs­ge­setz ist nach Art. 1 MitwG auf alle pri­va­ten Betriebe anwend­bar, die in der Schweiz stän­dig Mit­ar­bei­ter beschäf­ti­gen. Die Betriebe und Ver­wal­tun­gen der Gemein­we­sen (Bund, Kan­tone, Gemein­den) blie­ben aus­ge­klam­mert, weil der Bun­des­rat im Rah­men des acquis com­mu­n­au­taire die zwi­schen dem Bund und den Kan­to­nen bestehende Kom­pe­tenz­ord­nung nicht antas­ten wollte. Stän­dige Beschäf­ti­gung heisst, dass der Arbeit­ge­ber dau­ernd einen oder meh­rere Mit­ar­bei­ter beschäftigt.

2. Ein­set­zen einer Arbeitnehmervertretung

Gemäss Art. 3 MitwG kön­nen die Arbeit­neh­mer in Betrie­ben mit min­des­tens 50 Arbeit­neh­mern aus ihrer Mitte eine oder meh­rere Ver­tre­tun­gen bestel­len. Eine Pflicht zur Ver­tre­tung besteht indes nicht. Es besteht also erst dann ein Anspruch auf Ver­tre­tung, wenn min­des­tens 50 Arbeit­neh­mer im Betrieb beschäf­tigt wer­den. Die Bestel­lung der Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung, meist Betriebs­kom­mis­sion genannt, hat aus der Mitte der Arbeit­neh­mer zu erfol­gen. Eine Fremd­ver­tre­tung etwa durch Gewerk­schafts­funk­tio­näre ist nicht zulässig.

Als Basis­grösse dient der inlän­di­sche Betrieb. Unter die­sem ist eine orga­ni­sa­to­ri­sche und wirt­schaft­li­che Ein­heit zu ver­ste­hen. Dar­aus folgt, dass auch selb­stän­dige Betriebs­teile, wie z.B. eine Betriebs­stätte, unter den Begriff des Betriebs fallen.

Für Betriebe mit weni­ger als 50 Arbeit­neh­mern oder für Betriebe, wel­che keine Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung bestellt haben, wird ange­nom­men, dass die Arbeit­neh­mer ihre Rechte unmit­tel­bar wahr­neh­men (Art. 4 MitwG).

III. Die Arbeitnehmervertretung

Art. 5 MitwG regelt die erst­ma­lige Bestel­lung der Arbeitnehmervertretung:

1/5 der Arbeit­neh­mer kann eine geheime Abstim­mung über das Ein­set­zen einer Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung ver­lan­gen (bei Betrie­ben mit mehr als 500 Arbeit­neh­mern genü­gen 100 Arbeit­neh­mer). Befür­wor­tet die Mehr­heit der Stim­men­den die Ein­set­zung, sind Wah­len durchzuführen.

Für diese gilt nach Art. 6 MitwG der Grund­satz der all­ge­mei­nen und freien Wah­len. Die Grösse der Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung wird von der Arbeit­ge­ber- und der Arbeit­neh­mer­seite gemein­sam fest­ge­legt (Art. 7 MitwG). Dabei ist der Grösse und 4 der Struk­tur des Betriebs Rech­nung zu tra­gen. Die Ver­tre­tung besteht jedoch aus min­des­tens 3 Mit­glie­dern. Kön­nen sich die Par­teien nicht auf die Grösse der Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung eini­gen, gilt der Rechts­weg nach Art. 15 MitwG. Zu beach­ten ist, dass Art. 7 MitwG nicht als zwin­gende Bestim­mung gilt (Art. 2 MitwG). Es könnte also z.B. auch nur ein Beleg­schafts­part­ner gewählt wer­den, sofern der anwend­bare Gesamt­ar­beits­ver­trag dies vorsieht.

IV. Die Mitwirkungsrechte

Damit die Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung die Inter­es­sen der Arbeit­neh­mer wahr­neh­men kann, ist sie auf hin­rei­chende Infor­ma­tion ange­wie­sen. Das MitwG sieht des­halb zwin­gend ein Infor­ma­ti­ons­recht der Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung vor. Die Infor­ma­tio­nen müs­sen recht­zei­tig erfol­gen und alle Ange­le­gen­hei­ten umfas­sen, deren Kennt­nis Vor­aus­set­zung über eine ord­nungs­ge­mässe Aus­übung der Mit­wir­kungs­rechte ist (Art. 9 Abs. 1 MitwG). Der Arbeit­ge­ber hat die Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung sodann min­des­tens ein­mal jähr­lich über den Geschäfts­gang und seine Aus­wir­kun­gen auf die Beschäf­tig­ten zu infor­mie­ren (Art. 9 Abs. 2 MitwG).

Die­ses all­ge­meine Infor­ma­ti­ons­recht wird in Anleh­nung an das Euro­pa­recht um die so genann­ten Beson­de­ren Mit­wir­kungs­rechte erwei­tert (Art. 10 MitwG):

Arbeits­si­cher­heit gemäss Art. 82 UVB und Arbeitnehmerschutz;

Betriebs­über­gang nach Art. 333 und 333a OR;

Mas­sen­ent­las­sung nach Art. 335d – 335g OR;

Anschluss an eine Vor­sor­ge­ein­rich­tung und Auf­lö­sung des Anschlussvertrags.

Die Art und Weise der Aus­übung die­ser Beson­de­ren Mit­wir­kungs­rechte wird in den obge­nann­ten Spe­zi­al­be­stim­mun­gen gere­gelt. Art. 10 MitwG ist zwin­gen­der Natur (Art. 2 MitwG), d.h. ein Mit­wir­kungs­re­gle­ment, wel­ches sich nur auf das Recht der Infor­ma­tion beschränkt, erwiese sich in die­sem Punkt als nichtig.

V. Die Zusam­men­ar­beit im Betrieb

Der oberste Grund­satz für das Zusam­men­wir­ken von Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mern ist der Grund­satz von Treu und Glau­ben (Art. 11 Abs. 1 MitwG). Dar­aus folgt als Kon­kre­ti­sie­rung für Arbeit­neh­mer und Arbeit­ge­ber eine Reihe von Pflichten.

Der Arbeit­ge­ber hat der Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung im not­wen­di­gen Umfang Räume, Hilfs­mit­tel und admi­nis­tra­tive Dienst­leis­tun­gen zur Ver­fü­gung zu stel­len (Art. 11 Abs. 2 MitwG). Ein Anspruch auf finan­zi­elle Mit­tel, etwa zur Ein­ho­lung eines Gut­ach­tens 5 über die Ein­hal­tung der Kon­sul­ta­ti­ons­frist bei einer Mas­sen­ent­las­sung, lässt sich aus Art. 11 Abs. 2 MitwG aber nicht ablei­ten. Eine Selbst­ver­ständ­lich­keit ist, dass der Arbeit­ge­ber die Mit­glie­der der Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung in ihren Auf­ga­ben nicht behin­dern darf. Auch bereits vor der Wahl und nach der Been­di­gung des Man­dats dür­fen diese nicht benach­tei­ligt wer­den (Art. 12 MitwG). Eine Kün­di­gung auf­grund ihrer Tätig­keit wäre miss­bräuch­lich (Art. 336 OR). Der Arbeit­ge­ber unter­steht sodann einer Schwei­ge­pflicht in per­sön­li­chen Ange­le­gen­hei­ten ein­zel­ner Arbeit­neh­mer sowie in Ange­le­gen­hei­ten, in denen es die Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung aus berech­tig­tem Inter­esse aus­drück­lich ver­langt (Art. 14 Abs. 2 MitwG).

Die Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung kann ihre Arbeit wäh­rend der Arbeits­zeit aus­üben (Art. 13 MitwG). Sie hat aber bei der Wahr­neh­mung ihrer Auf­ga­ben wäh­rend der Arbeits­zeit auf den Arbeits­ab­lauf des Betriebs Rück­sicht zu neh­men. Aus Art. 13 MitwG kann jedoch nicht gefol­gert wer­den, dass die Frei­stel­lung von der Arbeit bezahlt erfol­gen müsste. Art. 13 MitwG legt ledig­lich einen Anspruch auf Arbeits­be­frei­ung unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen fest. Rege­lun­gen über Lohn­zah­lung fin­den sich indes oft in Gesamt­ar­beits­ver­trä­gen. Die Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung trifft sodann eine Ver­schwie­gen­heits­pflicht gegen­über allen betriebs­frem­den Per­so­nen, sofern diese nicht mit der Wah­rung der Inter­es­sen der Arbeit­neh­mer betraut sind (Art. 14 Abs. 1 MitwG). Auch die Arbeit­neh­mer von Betrie­ben ohne Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung, denen das Infor­ma­ti­ons- und Mit­spra­che­recht direkt zusteht (Art. 4 MitwG), sind zur Ver­schwie­gen­heit ver­pflich­tet (Art. 14 Abs. 3 MitwG). Die Pflicht zur Ver­schwie­gen­heit bleibt auch nach dem Aus­schei­den aus der Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung bestehen (Art. 14 Abs. 5 MitwG).

VI. Die Rechts­na­tur der Arbeitnehmervertretung

Trä­ger der Mit­wir­kungs­rechte sind die Arbeit­neh­mer des Betriebs. Die Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung hat keine eige­nen, mate­ri­el­len Mit­wir­kungs­rechte. Sie ist dies­be­züg­lich ledig­lich Reprä­sen­tan­tin der Arbeit­neh­mer. Sie kann also man­gels gesetz­li­cher Grund­la­gen auch keine Rechte erwer­ben und Ver­bind­lich­kei­ten ein­ge­hen, vor Gericht kla­gen und ver­klagt wer­den (Art. 15 Abs. 2 MitwG). Die Arbeit­neh­mer­schaft tritt im Pro­zess als gewill­kürte Pro­zess­ver­tre­te­rin für die Arbeit­neh­mer auf.

VII. Die Schwä­chen des Mitwirkungsgesetzes

Die Mit­wir­kungs­rechte gemäss Mit­wir­kungs­ge­setz bezie­hen sich auf die Betriebs­ebene. Ent­spre­chend gross sind die Defi­zite vor allem bei den 6 Mit­sprach­rech­ten auf über­be­trieb­li­cher, d.h. auf Unter­neh­mens- und Kon­zern­ebene. Dort, wo Macht kon­zen­triert wird, wo wich­tige Ent­scheide über Betriebs­ver­le­gun­gen, Fusio­nen und Ver­äus­se­run­gen gefällt wer­den, fehlt in der Schweiz das gesetz­li­che Mit­spra­che­recht. Ein über­be­trieb­li­ches Ver­tre­tungs­recht exis­tiert nicht.

Das Infor­ma­ti­ons­recht und die Beson­de­ren Mit­wir­kungs­rechte ent­hal­ten sodann keine Ver­pflich­tung des Arbeit­ge­bers, über zukünf­tige, mög­li­che Mass­nah­men bei bedroh­ter Beschäf­ti­gung und über mög­li­che Ver­än­de­rung der Arbeits­or­ga­ni­sa­tion oder der Arbeits­ver­träge zu infor­mie­ren. Ebenso fehlt eine Bestim­mung, wel­che bei Ent­schei­den über per­so­nal­re­le­vante Sach­ver­halte als Ziel den Abschluss einer Ver­ein­ba­rung zwi­schen den Sozi­al­part­nern vorsieht.

Die Pflicht zur Infor­ma­tion besteht fer­ner ledig­lich ein­mal pro Jahr.

In inhalt­li­cher Hin­sicht erwei­sen sich die Mit­wir­kungs­rechte eher als ein­fa­che Infor­ma­ti­ons­rechte denn als echte Mit­wir­kungs- oder gar Mit­ent­schei­dungs­rechte. Das zeigt sich bei­spiels­weise beim Kon­sul­ta­ti­ons­recht der Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung bei Mas­sen­ent­las­sun­gen. Der Arbeit­ge­ber muss die Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung bzw. den Arbeit­neh­mer, wo es keine Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung gibt, kon­sul­tie­ren, wenn er beab­sich­tigt, eine Mas­sen­ent­las­sung vor­zu­neh­men (Art. 335f Abs. 1 OR). Er muss also die Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung über eine mög­li­che Mas­sen­ent­las­sung infor­mie­ren, bevor er den defi­ni­ti­ven Ent­schluss zur Mas­sen­ent­las­sung gefällt hat. Andern­falls ver­kommt das Kon­sul­ta­ti­ons­recht zur Farce. Aber genau das ist in der Pra­xis häu­fig der Fall. In aller Regel steht der Ent­scheid des Arbeit­ge­bers über eine Mas­sen­ent­las­sung fest. Kom­mu­ni­ziert wird indes nur die Mög­lich­keit einer Mas­sen­ent­las­sung. Das Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren wird dann durch­ge­führt, obwohl schon in vie­len Fäl­len a priori klar ist, dass auf die Vor­schläge der Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung nicht ein­ge­gan­gen wird. Aus die­sem Grund sind denn auch schon For­de­run­gen von Gewerk­schaf­ten laut gewor­den, dass das Kon­sul­ta­ti­ons­recht bei Mas­sen­ent­las­sun­gen ergänzt wer­den sollte mit einem Anspruch auf eine ein­ver­nehm­li­che Lösung (z.B. Sozialplan).

VIII. Die Über­trag­bar­keit des Mit­wir­kungs­ge­set­zes auf den öffent­li­chen Dienst

1. Rück­blick auf die Ent­ste­hungs­ge­schichte des Mitwirkungsgesetzes

In der ers­ten Fas­sung des Ent­wurfs des Mit­wir­kungs­ge­set­zes war vor­ge­se­hen, den Gel­tungs­be­reich des Geset­zes nebst dem pri­va­ten Sek­tor auch auf alle öffent­li­chen Betriebe sowie die Ver­wal­tun­gen des Bun­des und der Kan­tone (inkl. Gemein­den) 7 aus­zu­deh­nen. Aller­dings wurde die­ses Vor­ha­ben auf­grund einer Abma­chung zwi­schen Bund und Kan­to­nen, bei der Umset­zung des EWR-Rechts keine Ände­run­gen an der bestehen­den Kom­pe­tenz­ord­nung vor­zu­neh­men, in der Folge fal­len gelas­sen. Es sollte ins­be­son­dere nicht in die Rege­lungs- und Orga­ni­sa­ti­ons­kom­pe­ten­zen der Kan­tone ein­ge­grif­fen wer­den. Ein sol­cher Ein­griff hätte wohl zu beträcht­li­chen Pro­ble­men geführt, zumal auch die Ver­fas­sungs­grund­lage dafür sehr dürf­tig gewe­sen wäre (Art. 34ter BV).

Die obge­nann­ten Ein­wände – also Ein­griff in die Kom­pe­ten­zen der Kan­tone – gel­ten für die Betriebe und Ver­wal­tun­gen des Bun­des nicht. In der Zusatz­bot­schaft II zur EWR-Bot­schaft vom 15. Juni 1992 wird denn auch fest­ge­hal­ten, dass die im Mit­wir­kungs­ge­setz ent­hal­te­nen Rege­lun­gen für den öffent­li­chen Dienst des Bun­des wei­test­ge­hend unpro­ble­ma­tisch sind. Aller­dings emp­fand es der Bun­des­rat nicht als sinn­voll, die öffent­li­che Bun­des­ver­wal­tung in den Gel­tungs­be­reich des Mit­wir­kungs­be­schlus­ses ein­zu­be­zie­hen. Statt­des­sen sollte gemäss Ent­wurf des Mit­wir­kungs­ge­set­zes Art. 67a des dama­li­gen Beam­ten­ge­set­zes geän­dert wer­den. Der ent­spre­chende Art. 16 im Ent­wurf des Mit­wir­kungs­ge­set­zes fand dann aber kei­nen Ein­gang in die defi­ni­tive Fas­sung. Das Mit­wir­kungs­ge­setz prä­sen­tiert sich also als ein rein auf pri­vate Betriebe anwend­ba­res Gesetz, in wel­chem jeder Hin­weis auf die öffent­li­che Ver­wal­tung fehlt.

2. Über­trag­bar­keit des Mit­wir­kungs­ge­set­zes auf den Bund

Der Zusatz­bot­schaft II zur EWR-Bot­schaft vom 15. Juni 1992 ist zu ent­neh­men, dass es der Bun­des­rat zwar ablehnte, die öffent­li­che Bun­des­ver­wal­tung expli­zit in den Gel­tungs­be­reich des Mit­wir­kungs­ge­set­zes ein­zu­be­zie­hen, indem eine ent­spre­chende Bestim­mung ins Mit­wir­kungs­ge­setz auf­ge­nom­men wor­den wäre. Es wäre aber grund­sätz­lich mög­lich gewesen.

Denk­bar ist auch der umge­kehrte Ansatz: dass näm­lich das ent­spre­chende Per­so­nal­ge­setz (auf Bun­des­ebene das Bun­des­per­so­nal­ge­setz) auf die sinn­ge­mässe Anwend­bar­keit des Mit­wir­kungs­ge­set­zes ver­weist, wie es das auch in Bezug auf das Obli­ga­tio­nen­recht tut (Art. 6 Abs. 2 BPG). Das BPB ent­hält indes kei­nen sol­chen Ver­weis, son­dern regelt die Mit­wir­kung expli­zit in Art. 33 BPG unter dem Titel „Mit­wir­kung und Sozialpartnerschaft“.

Danach infor­miert der Arbeit­ge­ber das Per­so­nal und seine Orga­ni­sa­tio­nen recht­zei­tig und umfas­send über alle wich­ti­gen Per­so­nal­an­ge­le­gen­hei­ten (Art. 33 Abs. 1 BPG) 3 Zusatz­bot­schaft II S. 634. 8 und kon­sul­tiert das Per­so­nal und seine Orga­ni­sa­tio­nen ins­be­son­dere (Art. 33 Abs. 2 lit. a‑e BPG)

- vor beab­sich­tig­ten Ände­run­gen die­ses Gesetzes;

- vor dem Erlass von Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen zu die­sem Gesetz;

- vor der Schaf­fung oder Ände­rung von Sys­te­men zur Bear­bei­tung von Daten, die das Per­so­nal betreffen;

- vor der Über­tra­gung von Tei­len der Ver­wal­tung oder eines Betriebs oder Betriebs­teils auf einen Dritten,

- im Zusam­men­hang mit Fra­gen der Arbeits­si­cher­heit und der Gesund­heits­vor­sorge nach Art. 6 Abs. 3 ArG.

Sodann haben die Arbeit­ge­ber mit den Orga­ni­sa­tio­nen des Per­so­nals Ver­hand­lun­gen zu füh­ren (Art. 33 Abs. 3). Dies gilt nicht nur bezüg­lich der Gesamt­ar­beits­ver­träge (Art. 38 BPG), son­dern auch bezüg­lich der Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen (Art. 37 BPG).4 Art. 33 Abs. 4 BPG schafft schliess­lich die Basis für den Erlass von Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen über die Zusam­men­ar­beit mit dem Per­so­nal und den Per­so­nal­or­ga­ni­sa­tio­nen (für GAV vgl. Art. 38 BPG). Das kon­krete Mit­wir­kungs­in­stru­men­ta­rium ist dem­nach in den Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen, ins­be­son­dere in den GAV, festzulegen.5 So kön­nen nach Art. 33 Abs. 4 BPG Beratungs‑, Schlich­tungs- und Ent­schei­dungs­or­gane vor­ge­se­hen wer­den, die pari­tä­tisch zusam­men gesetzt wer­den können.

Mit­wir­kung und Sozi­al­part­ner­schaft wer­den in den Art. 107–109 BPV kon­kre­ti­siert (vgl. auch die ent­spre­chen­den Regeln in den GAV). Ziel des Bun­des­ra­tes ist eine intakte Sozi­al­part­ner­schaft. Die Sozi­al­part­ner – diese wer­den nicht expli­zit erwähnt; es dürf­ten aber nach Art. 107 Abs. 4 BPV die aner­kann­ten Bun­des­per­so­nal­ver­bände sein – sol­len in per­so­nal­re­le­van­ten Ange­le­gen­hei­ten ins­be­son­dere bei Umstruk­tu­rie­run­gen früh­zei­tig und umfas­send infor­miert wer­den, gege­be­nen­falls sol­len mit ihnen auch Ver­hand­lun­gen geführt wer­den (Art. 107 Abs. 2 BPV). Über­dies schliesst der jewei­lige Vor­ste­her des EFD im Rah­men der bun­des­rät­li­chen Vor­ga­ben mit den Sozi­al­part­nern peri­odisch eine Absichts­er­klä­rung bezüg­lich der Zusam­men­ar­beit und den per­so­nal­po­li­ti­schen Zie­len ab

Gemäss Art. 108 BPV setzt der Vor­ste­her oder die Vor­ste­he­rin des EFD als bera­ten­des Mit­glied einen Begleit­aus­schuss ein, des­sen Auf­ga­ben, Orga­ni­sa­tion und 4 Bot­schaft BPG S. 1625. 5 Bot­schaft BPG S. 1625. 9 Zusam­men­set­zung Gegen­stand der peri­odi­schen Absichts­er­klä­rung bil­den. Der Begleit­aus­schuss soll ins­be­son­dere die Pra­xis der Mit­ar­bei­ter­ge­sprä­che, der Per­so­nal­be­ur­tei­lun­gen und der Ent­löh­nung beglei­ten. Art. 109 BPV sieht schliess­lich die Bil­dung von Per­so­nal­kom­mis­sio­nen vor, wenn die Mehr­heit der Ange­stell­ten der Ver­wal­tungs­ein­heit dies wünscht, um die Zusam­men­ar­beit zwi­schen den Geschäfts­lei­tun­gen der Ver­wal­tungs­ein­hei­ten und dem Per­so­nal zu fördern.

3. Über­trag­bar­keit des Mit­wir­kungs­ge­set­zes auf die Kan­tone und Gemeinden

Es ist den Kan­to­nen und den Gemein­den im Rah­men der Kom­pe­tenz­ord­nung grund­sätz­lich frei­ge­stellt, ob und wie sie das Per­so­nal­ver­tre­tungs­recht gesetz­lich ver­an­kern wol­len. Sie kön­nen ent­spre­chende Regeln über die Mit­wir­kung in ihren Per­so­nal­ge­set­zen fest­set­zen und in den Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen kon­kre­ti­sie­ren. Sie kön­nen aber auch eine Bestim­mung in ihr Per­so­nal­ge­setz auf­neh­men, wel­che auf die sinn­ge­mässe Anwend­bar­keit des Mit­wir­kungs­ge­set­zes ver­weist. Oder sie kön­nen diese bei­den Mög­lich­kei­ten mit­ein­an­der ver­knüp­fen und z.B. wich­tige Grund­sätze der Mit­wir­kung in ihren Per­so­nal­ge­set­zen fest­hal­ten und für bestimmte Sach­ver­halte auf die sinn­ge­mässe Anwend­bar­keit des Mit­wir­kungs­ge­set­zes ver­wei­sen (so etwa § 44 Per­so­nal­ge­setz des Kan­tons Aar­gau, SAR 165.100, für die Zusam­men­ar­beit zwi­schen Kan­ton und Personalkommissionen).

M.E. macht es wenig Sinn, in einem Per­so­nal­ge­setz ledig­lich auf die sinn­ge­mässe Anwend­bar­keit des Mit­wir­kungs­ge­set­zes zu ver­wei­sen. Es wird sich die nicht immer ein­fach zu beant­wor­tende Frage stel­len, was unter sinn­ge­mäs­ser Anwen­dung im kon­kre­ten Ein­zel­fall zu ver­ste­hen ist. Damit fehlt es aber an der not­wen­di­gen Kon­kre­ti­sie­rung der Mit­wir­kungs­rechte, was zu einem wei­ten Ermes­sens­spiel­raum des Staats führt. Abge­se­hen davon, ent­hält das Mit­wir­kungs­ge­setz in Art. 9 ledig­lich ein rela­tiv all­ge­mein gefass­tes Infor­ma­ti­ons­recht, das zwar in Art. 10 mit den Beson­de­ren Mit­wir­kungs­rech­ten ergänzt wird. Diese kön­nen aber gerade im Bereich der Mas­sen­ent­las­sung rela­tiv leicht aus­ge­he­belt wer­den. Aus der Sicht des Per­so­nals scheint des­halb eine „ori­gi­näre“ Rege­lung sinn­vol­ler zu sein, wel­che die Mit­wir­kungsund Mit­spra­che im Per­so­nal­ge­setz kon­kret fest­legt. So kön­nen z.B. ver­bind­li­che Mit­spra­che- und Mit­wir­kungs­rechte von Per­so­nal­ver­bän­den gere­gelt wer­den, die wesent­lich wei­ter gehen als die­je­ni­gen nach dem Mit­wir­kungs­ge­setz (Mit­spra­che und Mit­wir­kung bei Erlass und Ände­run­gen per­so­nal­recht­li­cher Bestim­mun­gen, bei Über­prü­fun­gen des Lohn­sys­tems etc.).

IX. Fazit

Die Mit­wir­kungs­rechte gemäss Mit­wir­kungs­ge­setz erwei­sen sich m.E. als eigent­li­che Infor­ma­ti­ons­rechte und nicht als Mit­spra­che- geschweige denn als Mit­be­stim­mungs­rechte. Die Über­trag­bar­keit auf den öffent­li­chen Dienst ist mit­tels eines ent­spre­chen­den Ver­wei­ses im Per­so­nal­ge­setz zwar mög­lich. Aller­dings macht eine ori­gi­näre Rege­lung, die Mit­wir­kungs- und Mit­spra­che­rechte des Per­so­nals bzw. der Per­so­nal­ver­bände kon­kret regelt, mehr Sinn.

X. Redak­tio­nel­les

Der Ein­fach­heit hal­ber und zwecks bes­se­rer Les­bar­keit wur­den ledig­lich die männ­li­chen For­men ver­wen­det. Die weib­li­chen For­men sind dabei selbst­ver­ständ­lich mitgemeint.

XI. Lite­ra­tur und Materialen

Man­fred Reh­bin­der, Schwei­ze­ri­sches Arbeitsrecht, 15. Aufl., Bern 2002

Emp­foh­lene Literatur:

Max Fritz, Das Mit­wir­kungs­ge­setz: Ein Hand­kom­men­tar mit Hand­lungs­hil­fen für die Pra­xis zum Bun­des­ge­setz über die Infor­ma­tion und Mit­spra­che der Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer in den Betrie­ben vom 17. Dezem­ber 1993 und zur Ände­rung des Arbeits­ver­trags­rechts (Betriebs­über­gang, Mas­sen­ent­las­sung) vom 17. Dezem­ber 1993, Zürich 18994

Roland A. Mül­ler, Der Arbeit­neh­mer als Teil der Beleg­schaft, in Indi­vi­duum und Ver­band, Fest­gabe zum Schwei­ze­ri­schen Juris­ten­tag 2006, Zürich 2006, S. 193 ff.

Roland A. Mül­ler, Die Arbeit­neh­mer­ver­tre­tung. Schrif­ten zum schwei­ze­ri­schen Arbeitsrecht Bd. 43, Bern 1999

Bot­schaft des Bun­des­ra­tes zum Bun­des­ge­setz über die Infor­ma­tion und Mit­spra­che der Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer in den Betrie­ben vom 24. Februar 1993, BBl 1993 I 805 (zit. Bot­schaft Mitwirkungsgesetz)

Zusatz­bot­schaft II zur EWR-Bot­schaft vom 15. Juni 1992, BBl 1992 V 520, ins. 634 ff. (zit. Zusatz­bot­schaft II)

Bot­schaft zum Bun­des­per­so­nal­ge­setz (BPG) vom 14. Dezem­ber 1998, BBl 1999 II S. 1597 ff. (zit. Bot­schaft BPG)

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