Immer wie­der kommt es vor, dass Mit­ar­bei­tende nach der Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses eine Ent­schä­di­gung für geleis­tete Mehr­stun­den ver­lan­gen. Dabei sind einige Hür­den zu überwinden.

Über­stun­den sind die posi­tive zeit­li­che Dif­fe­renz zwi­schen der geleis­te­ten und der nor­ma­len Arbeits­zeit. Die Arbeits­zeit laut OR bestimmt sich nach Ver­ein­ba­rung, Übung, GAV oder Nor­mal­ar­beits­ver­trag. Wenn also in einem Arbeits­ver­trag ein 40-Stun­den-Pen­sum ver­ein­bart wurde und der Arbeit­neh­mer 42 Stun­den betriebs­not­wen­dige Arbeit leis­tet, sind zwei Über­stun­den ent­stan­den. Auch bei Teil­zeit­ar­beit­neh­me­rin­nen und ‑neh­mern ist das Leis­ten von Über­stun­den möglich.

Ein posi­ti­ver Gleit­zeit­saldo bedeu­tet keine Überstunden
Diese Über­stun­den müs­sen aller­dings betriebs­not­wen­dig sein: Sie müs­sen ent­we­der ange­ord­net oder nach­träg­lich geneh­migt wer­den. Sie unter­schei­den sich dadurch von einem posi­ti­ven Gleit­zeit­saldo. Im Gleit­zeit­mo­dell ver­fügt der Arbeit­neh­mer über eine gewisse Zeit­au­to­no­mie: Er bestimmt sel­ber, meist unter Ein­hal­tung bestimm­ter Block­zei­ten, wann er mehr und wann er weni­ger arbei­tet. Arbei­tet er frei­wil­lig mehr, ent­steht dabei ein posi­ti­ver Gleit­zeit­saldo. Hier­bei han­delt es sich aber nicht um betriebs­not­wen­dige Über­stun­den. Und das hat Kon­se­quen­zen: Gemäss Bun­des­ge­richt obliegt es der Ver­ant­wor­tung des Arbeit­neh­mers, einen posi­ti­ven Gleit­zeit­saldo im gekün­dig­ten Arbeits­ver­hält­nis wäh­rend der ordent­li­chen Kün­di­gungs­frist abzu­bauen. Ist dies nicht mehr mög­lich, ver­fal­len die Mehr­stun­den ent­schä­di­gungs­los. Aus die­sem Grund ist es auch zuläs­sig, vor­zu­se­hen, dass Ende Jahr eine bestimmte Anzahl von Mehr­stun­den ohne Anspruch auf Ent­schä­di­gung verfällt.

Die Kom­pen­sa­tion von Über­stun­den durch Freizeit
Das OR bestimmt, dass der Arbeit­ge­ber die Über­stun­den­ar­beit innert eines ange­mes­se­nen Zeit­raums im Ein­ver­ständ­nis mit dem Arbeit­neh­mer durch Frei­zeit von min­des­tens glei­cher Dauer aus­glei­chen kann. Für die Kom­pen­sa­tion der Über­stun­den mit Frei­zeit braucht es dem­nach das Ein­ver­ständ­nis des Arbeit­neh­mers. Die­ser Grund­satz ist ins­be­son­dere in Zusam­men­hang mit Frei­stel­lun­gen in Erin­ne­rung zu rufen. Häu­fig begeg­net man For­mu­lie­run­gen, wonach die Ferien und all­fäl­lige Über­stun­den als mit der Frei­stel­lung kom­pen­siert gel­ten. Das ist bezüg­lich der Über­stun­den aber nur mög­lich, wenn der Arbeit­neh­mer ein­ver­stan­den ist. Die­ses Ein­ver­ständ­nis kann bereits im Arbeits­ver­trag oder in einem Per­so­nal­re­gle­ment ent­hal­ten sein. Wird die Über­stun­den­ar­beit nicht durch Frei­zeit aus­ge­gli­chen und ist nichts ande­res schrift­lich ver­ab­re­det, hat der Arbeit­ge­ber für die Über­stun­den­ar­beit Lohn zu ent­rich­ten, der sich nach dem Nor­mal­lohn und einem Zuschlag von min­des­tens einem Vier­tel bemisst. Die Par­teien kön­nen durch schrift­li­che Abrede von die­ser Bestim­mung abweichen.

Die Gel­tend­ma­chung von Überstunden
Der Arbeit­neh­mer, der Über­stun­den­for­de­run­gen gel­tend macht, muss bewei­sen, dass diese Stun­den tat­säch­lich von ihm geleis­tet wur­den und sie betrieb­lich not­wen­dig waren — dies ist etwa der Fall, wenn Über­stun­den durch den Vor­ge­setz­ten ange­ord­net wur­den. Wenn der Arbeit­neh­mer aber unauf­ge­for­dert Über­stun­den leis­tet und es ver­säumt, sei­nen Mehr­ein­satz dem Arbeit­ge­ber umge­hend zu mel­den, ris­kiert er, sei­nen Anspruch zu ver­lie­ren. Anders ver­hält es sich, wenn der Arbeit­ge­ber ohne­hin um die Leis­tung der Über­stun­den wusste oder wis­sen musste und nicht einschritt.

Pra­xis­tipps Für Alumni
Die Frage, ob und wie viele Über­stun­den geleis­tet wor­den sind, beschäf­tigt die Gerichte häu­fig. Beson­ders, wenn die Arbeits­zeit nicht von einem Sys­tem erfasst wurde. Eigene Auf­zeich­nun­gen des Arbeit­neh­mers kön­nen dem Gericht nur eine Schät­zung erlau­ben, wenn sie fort­wäh­rend erfol­gen. Wer­den die Auf­zeich­nun­gen erst im Nach­hin­ein, z.B. nach Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses erstellt, droht der Ver­fall die­ser Über­stun­den. Wird vom Unter­neh­men kein Zeit­er­fas­sungs­sys­tem geführt, was trotz gesetz­li­cher Pflicht in der Pra­xis häu­fig vor­kommt, soll­ten die Mehr­stun­den lau­fend in einem eige­nen Kalen­der notiert wer­den. Im Falle einer Frei­stel­lung ist zu prü­fen, ob das not­wen­dige Ein­ver­ständ­nis des Arbeit­neh­mers mit der Kom­pen­sa­tion vorliegt.

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