Sehr häu­fig rich­ten Arbeit­ge­ber ihren Arbeit­neh­mern neben dem Grund­ge­halt einen Bonus aus. Da das Obli­ga­tio­nen­recht (OR) keine spe­zi­fi­schen Regeln zum Bonus ent­hält und oft unklar ist, was unter einem Bonus über­haupt zu ver­ste­hen ist, sind Aus­ein­an­der­set­zun­gen vorprogrammiert.

In vie­len Arbeits­verträgen fin­den sich Rege­lun­gen, wonach dem Arbeit­neh­mer bei Errei­chen gewis­ser Ziel­set­zun­gen, die sich meis­tens an der per­sön­li­chen Per­for­mance des Arbeit­neh­mers und der wirt­schaft­li­chen Situa­tion des Unter­neh­mens ori­en­tie­ren, die Aus­zah­lung eines Bonus in Aus­sicht gestellt wird. Oft­mals feh­len sol­che Rege­lun­gen auch gänz­lich, und der Arbeit­ge­ber zahlt dem Arbeit­neh­mer am Ende eines Geschäfts­jah­res ein­fach einen gewis­sen Betrag aus. Bleibt eine sol­che Zah­lung ein­mal aus, z.B. weil sich der Arbeit­neh­mer in einem bereits gekün­dig­ten Arbeits­ver­hält­nis befin­det, stellt sich die Frage, ob der Arbeit­neh­mer einen ver­bind­li­chen Rechts­an­spruch hat oder ob sich der Arbeit­ge­ber auf den Stand­punkt stel­len kann, dass die Zah­lung eine frei­wil­lige sei.

Varia­bler Lohn­be­stand­teil oder Gratifikation

Damit diese Frage beant­wor­tet wer­den kann, muss zunächst geprüft wer­den, ob es sich beim Bonus um einen varia­blen Lohn­be­stand­teil oder um eine Gra­ti­fi­ka­tion han­delt – das Wort Bonus exis­tiert im OR näm­lich gar nicht. Was ein­fach klingt, führt in der Pra­xis oft­mals zu schwie­ri­gen Abgren­zungs­fra­gen. Wenn etwa ein Bonus­sys­tem durch ein Regle­ment gere­gelt wird, das klare geschäft­li­che Ergeb­nisse als Vor­aus­set­zung für die Höhe des Bonus fest­legt, liegt keine Gra­ti­fi­ka­tion, son­dern (varia­bler) Lohn vor. Das ist etwa dann der Fall, wenn ein Arbeit­neh­mer bei Errei­chen eines Umsat­zes von CHF 500’000.00 10% die­ses Umsat­zes erhal­ten soll. Erreicht er die­ses Ziel, kann ihm der Bonus (bzw. sein varia­bler Lohn­an­teil) nicht ver­wei­gert wer­den. Die­ser Anspruch besteht selbst­ver­ständ­lich auch im Falle einer Kün­di­gung, da es sich beim so ver­stan­de­nen Bonus nicht um eine Zah­lung im Ermes­sen des Arbeit­ge­bers, son­dern um einen ver­bind­li­chen Lohn­an­spruch han­delt (die Berech­nung der Höhe der Zah­lung erfolgt in die­sem Fall pro rata tem­po­ris). Das Bun­des­ge­richt stellt in sei­ner jüngs­ten Recht­spre­chung ins­be­son­dere auf die Regel­mäs­sig­keit und die Höhe des Bonus im Ver­hält­nis zum Fixlohn ab. Wenn der Bonus regel­mäs­sig höher sei als der Fixlohn, könne ein klag­ba­rer Anspruch auf Aus­zah­lung entstehen.

Ver­ein­barte oder frei­wil­lige Gratifikation

Ist ein­mal geklärt, ob es sich um varia­blen Lohn oder um Gra­ti­fi­ka­tion han­delt, ist wei­ter zu prü­fen, ob es sich im letz­te­ren Falle um eine ver­ein­barte oder um eine frei­wil­lige Gra­ti­fi­ka­tion han­delt. Im Rah­men der ver­ein­bar­ten Gra­ti­fi­ka­tion hat der Arbeit­neh­mer einen grund­sätz­li­chen Anspruch auf eine Gra­ti­fi­ka­tion; deren Höhe steht aber im Ermes­sen des Arbeit­ge­bers. Die Zah­lung ist geschul­det, falls der Erfolg ein­ge­tre­ten ist. Der Anspruch auf eine Gra­ti­fi­ka­tion muss aber nicht aus­drück­lich ver­ein­bart wer­den; sie kann auch still­schwei­gend erfol­gen. So erach­tet die Gerichts­pra­xis eine unun­ter­bro­chene und vor­be­halt­lose Zah­lung wäh­rend dreier Jahre als anspruchs­be­grün­dend, wobei die Höhe der jewei­li­gen Aus­zah­lung vari­ie­ren kann. Will der Arbeit­ge­ber diese uner­wünschte Rechts­folge ver­mei­den, muss er bei der Aus­rich­tung der Gra­ti­fi­ka­tion unmiss­ver­ständ­lich auf ihre Frei­wil­lig­keit hin­wei­sen, was er mit Vor­teil schrift­lich tut. Die Gra­ti­fi­ka­tion ist indes von Geset­zes wegen nur dann geschul­det, wenn das Arbeits­ver­hält­nis beim Anlass ihrer Zah­lung noch besteht – es sei denn, die Par­teien hät­ten etwas ande­res ver­ein­bart (Art. 322d Abs. 2 OR). Dem Arbeit­ge­ber steht es aber auch frei, die Aus­zah­lung einer Gra­ti­fi­ka­tion ver­trag­lich von wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen wie z.B. dem Bestehen eines unge­kün­dig­ten Arbeits­ver­hält­nis­ses abhän­gig zu machen.
Im Gegen­satz zur ver­ein­bar­ten Gra­ti­fi­ka­tion ist im Rah­men der frei­wil­li­gen Gra­ti­fi­ka­tion – der Name impli­ziert es – auch die Zah­lung frei­wil­lig. Da die Kom­ple­xi­tät der recht­li­chen Fra­gen rund um den Bonus erheb­lich ist, emp­fiehlt es sich, bei der Aus­for­mu­lie­rung der ver­trag­li­chen Bestim­mun­gen und Bonus­re­gle­mente sehr sorg­fäl­tig vorzugehen.

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Dr. Harry F. Nötzli, Fach­an­walt SAV Arbeitsrecht