Betriebsübernahmen kommen häufig vor. Da mit dem Betrieb auch das Personal, und zwar von Gesetzes wegen, auf den neuen Betreiber übergeht, ist es zentral, den sich dabei stellenden Rechtsfragen bereits im Vorfeld der Betriebsübernahme die notwendige Beachtung zu schenken, was leider oftmals nicht der Fall ist. Der nachfolgende Artikel beleuchtet einige im Zusammenhang mit Betriebsübernahmen immer wieder vorkommende Problemfelder.
Betriebsübernahmen sind sehr häufig, die entsprechenden Übernahmeverträge umfangreich und komplex. Umso erstaunlicher ist es, dass die beteiligten Unternehmen häufig zu vergessen scheinen, dass mit der Übernahme eines Betriebs auch dessen Personal übernommen wird – und zwar von Gesetzes wegen!
Voraussetzungen für den Übergang des Arbeitsverhältnisses
Wenn der Arbeitgeber den Betrieb oder einen Teil des Betriebs auf einen Dritten überträgt, geht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten mit dem Tag der Betriebsnachfolge auf den Erwerber über, sofern der Arbeitnehmer den Übergang nicht ablehnt (Art. 333 Abs. 1 OR). Vorausgesetzt für die Übertragung des Arbeitsverhältnis werden demnach:
- das Vorliegen eines Betriebs oder Betriebsteils, definiert als eine auf Dauer ausgerichtete organisatorische Zusammenfassung von Personen sowie von materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern;
- der Übergang des Betriebs oder Betriebsteils (tatsächliche Weiterführung des Betriebs oder Betriebsteils durch den neuen Inhaber, und zwar unabhängig vom Bestehen einer vertraglichen Beziehung zwischen altem und neuem Inhaber; es braucht nicht einmal einen Übernahmevertrag);
- Wahrung der Betriebsidentität: Grundsätzliche Beibehaltung der Identität der im Betrieb oder Betriebsteil vereinigten personellen, sachlichen und immateriellen Ressourcen;
- keine Ablehnung des Übergangs durch den Arbeitnehmer.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, gehen die Arbeitsverhältnisse auf den Erwerber des Betriebs über – ob er das will oder nicht. Häufig kommt es vor, dass der Erwerber — um diese Folgen abzuwenden — den „alten“ Arbeitgeber in der Verhandlungsphase zu Kündigungen desjenigen Teils des Personals drängt, das er nicht übernehmen will. Dem bisherigen Arbeitgeber ist es viel zu selten bewusst, dass er mit dem Aussprechen von solchen Kündigungen auf Druck des Erwerbers ein erhebliches Risiko eingeht, weil ein gewichtiger Teil der Lehre und zum Teil auch die Rechtsprechung Kündigungen, die einzig mit einer Betriebsübernahme begründet werden, als missbräuchlich qualifizieren (da damit Art. 333 OR, eine Arbeitnehmerschutzbestimmung, umgangen wird). Missbräuchliche Kündigungen verschaffen dem betroffenen Arbeitnehmer einen Entschädigungsanspruch gegen den bisherigen Arbeitgeber. Umgekehrt ist einem Arbeitnehmer, der vom Erwerber gegen dessen Willen übernommen werden muss, offensichtlich auch nicht gedient. Um den Interessen aller involvierten Parteien zu entsprechen, sind trotz grundsätzlicher Anwendbarkeit von Art. 333 OR individuelle Lösungen denkbar, etwa indem der Arbeitnehmer den Übergang des Arbeitsverhältnisses ablehnt und im Gegenzug z.B. im Rahmen einer Auflösungsvereinbarung mit Beteiligung des Erwerbers entschädigt wird.
Die Folgen des Übergangs
Das Arbeitsverhältnis geht mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Arbeitgeber über. Das bedeutet, dass auch alle Ansprüche des Arbeitnehmers, die an dessen Dienstjahre anknüpfen (z.B. Dauer der Kündigungsfrist, Treueprämien, Dauer der Sperrfristen etc.), vollumfänglich in alter Höhe erhalten bleiben. Das kann auch nicht etwa dadurch verhindert werden, dass der Übernehmer neue Arbeitsverträge abschliesst. Ebenso darf vom Übernehmer keine neue Probezeit vereinbart werden. Auch ein Konkurrenzverbot bleibt erhalten. Alle Arbeitsbedingungen gehen über, also z.B. auch ein Stock Options-Plan oder Versicherungszusagen des alten Arbeitgebers. Wenn der neue Arbeitgeber auf das übernommene Personal seine Konditionen anwenden will, kann er sein Ziel gegebenenfalls über Änderungskündigungen erreichen.
Betriebsübernahmen sind komplex und haben in unterschiedlichster und vielfältiger Art Auswirkungen auf das Personal (nicht nur in rechtlicher Hinsicht). Es empfiehlt sich deshalb für die betroffenen Parteien, die Personalfrage frühzeitig in ihre Planung mit einzubeziehen, zumal das Gesetz die „rechtzeitige“ Information der betroffenen Arbeitnehmer ausdrücklich verlangt (Art. 333a OR).
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